Brunnen-Morschach-Axenstein-Bahn
Berichterstattung von Hans Rudi Lüthy-Pavan, Gestaltung von Franz Straka
Technische Daten
Betriebseröffnung: 1. August 1905
Betriebslänge: 2.036 m
Spurweite: 1.000 mm
Stromart: 750 Volt, Drehstrom
Kleinster Kurvenradius: 80 m
Höchste Steigung: 170 ‰
Zahnstangensystem: System Strub
Betriebseinstellung: 29. März 1969

Anschrifttafel aus dem Jahre 1905.
Am Ufer des Vierwaldstättersees, nur wenige Kilometer entfernt vom Rigi, liegt der Kurort Brunnen. An der Seepromenade stehen heute noch grosse Hotelgebäude der „Bel Epoque“. Wenn heute jemand von Brunnen nach Morschach fahren will, steht eine Verbindung mit dem Bus, der seit 1969 anstelle der stillgelegten Brunnen-Morschach-Axenstein-Bahn (BrMA) fährt. In der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden auf dem Axenfels und dem Axenstein die zu Morschach gehörenden Grand-Hotels. Die Entwicklung des Fremdenverkehrs in Verbindung mit diesen beiden Etablissements war für die Entstehungsgeschichte der BrMA-Bahn sehr entscheidend. Der Zubringerdienst wurde zuerst durch Postkutschen besorgt, bis in der Schweiz das allgemeine Bergbahnfieber – nach den Rigibahnen – auch auf den Morschacherberg übersprang. Schon 1888 lagen unter anderem Projekte für eine wasserbetriebene Drahtseilbahn Brunnen-Morschach, eine Zahnradbahn Brunnen-Axenstein-Morschach, eine Drahtseilbahn Morschach-Axenfels und eine Zahnradbahn Brunnen-Axernstein-Morschach-Kurot Stoos-Fronalpstock vor.

Lokomotive Nummer 3 mit Rowanwagen Nummer 5 in der Talstation in Brunnen, ca. 1967.
Foto: R. Wanner/Slg. SVEA

Bahnhofsstimmung in Morschach. Blick durch den Holzbanken hindurch Lokomotive Nummer 1, 1968. Foto: E. Suter
Das letztere Projekt war von grossem touristischem Interesse, sodass dafür im April 1881 die Konzession erteilt wurde. Diese musste im März 1893 um zwei Jahre verlängert werden, da die genauen Details noch nicht vorlagen. Die Finanzierung der Bahn konnte für die 9 km lange Strecke nicht auf einmal aufgebracht werden, sodass man beschloss die Bahn in drei Etappen „Brunnen-Morschach/Morschach-Stoos/Stoos-Fronalpstock“ zu errichten. Obwohl die Konzession nochmals verlängert wurde verlief die Sache im Sand. Carl Hürlimann aus Brunnen unternahm im Februar 1896 für seine Variante einer elektrischen Zahnradbahn Brunnen-Axenstein-Morschach ein erneutes Gesuch beim Eidgenössischen Eisenbahndepartement. Die Strecke sollte Mitten im Ort Brunnen beginnen, durch die Tannenwälder zuerst den Axenstein und danach das Dorf Morschach erreichen.

Talstation Brunnen an einem Werktag im Sommer 1962, ausser dem Fahrpersonal keine Reisende.
Foto: H.R. Lüthy
Fritz Marti hat am 2. März 1896 ein völlig überarbeitetes Gegenprojekt vorgelegt. Anstelle der Drahtseilbahn hielt er es für richtig, eine elektrische Zahnradbahn vom Hotel Mythenstein über Morschach zum Axenstein zu errichten. Hinter das Projekt Hürlimann stellten sich die Schwyzer Kantons-Regierung sowie die Gemeinde Ingenbohl-Brunnen. Letztere hatte kein Interesse an einer Bahnlinie nach Morschach, da sie eine aufkommende Konkurrenz?

(Ich bin dafür und dagegen) im kleinen Bergdorf sah. Es gab noch verschiedene Punkte in der man sich nicht einig war und Marti wurde, als Bürger eines andern Kantons aufgefordert, sein Projekt zu Gunsten von Hürlimann zurückzuziehen. Am 1. Juli 1898 erteilte die Schweizerische Bundesversammlung dem Gemeinderat Morschach, welcher aber immer noch das Projekt Marti vertrat, die Konzession zum Bau und Betrieb einer Zahnradbergbahn von Brunnen über Morschach zum Axenstein. Die Bedingung war, dass die zu bauende Bahn in der Ortsmitte von Brunnen beim Ochsenplatz beginnen sollte. 1901 verlangte man die Änderung, dass man doch als Ausgangspunkt das Hotel Mythenstein wählen möge. Dies wurde schlussendlich verwirklicht und am 26.Jänner 1903 waren das Projekt und der Kostenvoranschlag – Grundlage jeder Eisenbahnkonzession – reif für den Bauvertrag. Dieser wurde am 18. März 1904 durch den Bundesrat genehmigt, womit dem Bahnbau nichts mehr im Wege stand.


Lokomotive Nummer 2 in Brunnen, ca 1950.
Foto Slg SVEA

Zug 23 mit Lokomotive 3 in Axenfels.
Foto: Slg. SVEA

Am 20. November 1903 wurde die Bahngesellschaft Brunnen-Morschach-Axenstein-Bahn gegründet. Die Firma Franceschetti & Cie. aus Zürich wurde mit dem Bau beauftragt, welcher am 28. März 1904 begonnen wurde. Besondere Rücksicht mußte auf die, damals noch darunter verlaufende Gotthardbahn, genommen werden. Verschiedene Stütz- und Futtermauern sowie drei Eisenbrücken mussten erstellt werden. Am 21. Juni 1905 wurden die ersten Probefahrten ausgeführt und nach der amtlichen Kollaudation wurde der fahrplanmässige Betrieb am Nationalfeiertag den 1. August 1905 aufgenommen. Die Baukosten beliefen sich auf 891.711.-- Franken.


Hochbetrieb bei der Br.Ma. in der Talstation Brunnen ca. 1950 mit H3 und Rowanwagen Nummer 5. Zu damaliger Zeit fahren viele Reisende bergwärts.
Foto: Slg. SVEA
Das gesamte Rollmaterial der BrMB , welches sein Vorbild bei der Jungfraubahn fand, wurde 1905 durch die beiden Winterthurer Firma SLM und Rieter (Johann Jacob Rieter & Cie. AG) sowie der deutschen „Waggonbaufabrik Bautzen“ abgeliefert. Die gelben Lokomotiven He 2/2 1 – 3, ausgerüstet mit Rollenstromabnehmern (2-gliedrig, ähnlich wie beim Trolleybusbetrieb (auch genannt O-Bus und Oberleitungsbus); Drehstromlokomotiven mit 85 PS Dauerleistung) brachten mit ihren 10,3 t Gewicht eine Höchstgeschwindigkeit von 8 km/h auf der Zahnstangenstrecke. Das Depot wurde in Morschach gebaut. Da vorerst nur ein Sommerbetrieb durchgeführt wurde, konnten die Lokomotiven im Winter einer Revision unterzogen werden.
Bereits 1906 erhielten die Maschinen auf Weisung des Eisenbahndepartementes am Brems-Zahnrad angebrachte Führungsscheiben. Zu den Loks gehörten die Rowanwagen C 2 Nr. 4 und 5 (ebenfalls aus Bautzen, mit hölzernem Wagenkasten) mit 90 Sitzplätzen. Eine Fahrt von Brunnen zum Axenstein dauerte 15 Minuten und bediente fünf Stationen. Als 1918 der Winterbetrieb eingeführt wurde erhielten die Wagen eine elektrische Heizung. Um an schönen Sommertagen den Fahrgaststrom bewältigen zu können, wurden die beiden Sommerwagen C 2 Nummer 7 und 8 (Waggonfabrik Bautzen/40 Sitzplätze) angeschafft. Diese Fahrzeuge konnten – im Gegensatz zu den Rowanwagen – beliebig vorgestellt werden.(Rowanwagen: Bei diesem System stützt sich der Wagen talseitig auf die Lok. Ein Drehgestell ist nur bergseitig vorhanden (wie Sattelschlepper). Damit konnten 80 Fahrgäste in die ländliche Idylle und zu den Grand-Hotels geführt werden.

Talstation mit der Maschibne Nummer 2 und Rowanwagen Be. Foto: Slg. SVEA
Regenvorhänge schützten die Reisenden vor plötzlichem Wetterwechsel. Gleichzeitig standen auch die Güterwagen L 10 und 11 für Gepäcktransporte im Einsatz. Bis 1911 mussten beide Fahrzeuge an Grossverkehrstagen sogar Personen transportieren, sodass Dächer und provisorische Sitzbänke eingebaut wurden. Für Fahrleitungsreparaturen folgte noch ein Eigenbau-Turmwagen. Ein Kuriosum der Bahn war der Gepäck- und Gütercamion (Güterspedition) mit 2.000 kg Tragkraft, der 1906 von der BrMA angeschafft wurde, weil
der Transport von der Gotthardbahn bzw. der Dampfschiffstation nach Morschach auf diese Weise besser ablief. Schon nach drei Jahren verschwand der Camion (Spediteur) wieder bis 1912 ein neuer Anlauf gemacht wurde. Auch der Erste Weltkrieg hinterliess bei der Bahn seine Spuren und setzte im August 1914 der eigentlich erst begonnenen Sommersaison ein abruptes Ende.
Die ausländischen Gäste blieben in den folgenden Jahren aus und es drohte der finanzielle Untergang der Bahn. 1916 wurde in Morschach ein Lager für kranke internierte Kriegsgefangene errichtet, weshalb sich der Bedarf für den Winterbetrieb erhöhte und die Gemeinde Morschach einen Subventionszuschuß leistete. In der Nachkriegszeit gab es mit der Wiedereröffnung des Hotels „Palace-Axenfels“ sowie „Grand-Hotel Brunnen“ neuen Auftrieb für die Bahn. Leider setzten Anfang der dreissiger Jahre die

Oberhalb Brunnen nach dem Wasiwaldtunnel auf der Bergfahrt mit Lokomotive Nummer 2 und
Rowanwagen Nummer 4. Foto: Slg. SVEA
wirtschaftlichen Einflüsse einen neuen Einbruch der Touristen. Zudem begann die Autokonkurrenz dem Unternehmen zu schaffen. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 blieben die Feriengäste erneut aus. Die grossen Hotels wurden deshalb sogar geschlossen. Dann und wann gab es grössere Militärtransporte. Das Palace Axenfels-Hotel wurde 1939 nur deshalb letztmals geöffnet, weil ein Ausbildungszentrum für den Schweizerischen Frauenhilfsdienst eingerichtet wurde. In der Nachkriegszeit konnten seit langem wieder einige Unterhaltsarbeiten ausgeführt werden. Die Abwanderung des Verkehrs auf die Strasse, sowie der Abbruch des Hotels „Axenfels“ 1946 brachten der Bahn grosse finanzielle Einbussen. Die drei Lokomotiven wurden in den Jahren 1950/1951 revidiert. 1938-1968 war die erste Morschacher Seilbahn (2 km Länge) durch eine Bauernfamilie unter dem Namen „Rütibahn“ in Betrieb. Die Meinung aus Bern „Jedem Kurort seine Luftseilbahn“) bestand seit 1957 . Daraus entwickelte sich das Initiativkomitee für eine Luftseilbahn in zwei Abschnitten (Brunnen-Morschach-Stoos und Morschach-Fronalpstock).

Talstation mit der Lokomotive Nummer 2 und B 4, man beachte die Vorhänge! Foto: Slg. SVEA

Lokomotive Nummer 3 mit einem Rowanwagen in Morschach 1959. Foto: E. Suter
In der 1966 erteilten Konzession war die Bedingung enthalten, dass mit der BrMA eine Einigung über deren Liquidation erzielt werden könne. In der Zwischenzeit hatten 1964 die Axenstein-Hotels ihre Pforten für immer geschlossen. Auch der Bahnbetrieb war seit 1965 defizitär. So zeichnete sich dessen Ende des zusehends ab. Das Rollmaterial war längst überaltert aber es hat doch 64 Jahre ohne grosse Zwischenfälle funktioniert. Die Brunnen-Morschach-Axenstein-Bahn wurde deshalb am 29. März 1969 eingestellt. Sämtliches Wagenmaterial wurde ausrangiert (ausgeschieden) oder abgebrochen (verschrottet) und zu einem Schrottpreis veräussert. Die Bahn wurde von 1905 – 1969 durch Otto Klein geführt. Der im Jahre 1874 geborene „Betriebsleiter“ war bei der Stilllegung 95 Jahre alt und damit der älteste Bahndirektor der Welt.
Quellen
Elektrische Zahnradbahn Brunnen-Morschach-Axenstein v Sandro Siegrist/
Prellbock-Verlag Leissigen
H. Waldburger/SER 1966
Eisenbahn-Amateur div.
Bildmaterial aus Archiv SVEA
Berichterstattung von Hans Rudi Lüthy-Pavan
Gestaltung von Franz Straka
Juni 2010