Die Parenzaner Bahn

Triest St. Andrae – Buje – Parenzo

Bericht von Herrn Christian Steingruber, Gestaltung von Franz Straka
Weiter unten findet man die Erläuterung der Bilder über die Bahnlinie im heutigen Zustand!

Streckenkarte der Parenzanobahn.

Wohl eine der landschaftlich schönsten Schmalspurbahnen der alten Monarchie war die Parenzaner Bahn, die den bedeutenden Adriahafen Triest mit der istrianischen Stadt Parenzo (Porec) und anderen Orten Istriens verband.Obwohl die Parenzaner Bahn schon im Jahre 1935 eingestellt wurde, blieb sie der Bevölkerung als „Parenzana“ in liebevoller Erinnerung. Zahlreiche Kunstbauten, wie Bahnhöfe, Haltestellen, Tunnels, Brücken und Viadukte sind bis in die heutige Zeit erhalten geblieben.


Erhaltener Bahnhof in Groznjan.
Foto: Ch. Steingruber

Blick auf die Stadt Groznjan. Foto: Ch. Steingruber

Es gab ein Studentenprojekt der Architekturfakultät der Uni Zagreb zu Wiederaufbau.

Geschichte

Schon in den 1880er-Jahren gab es Bemühungen, das Hinterland der Halbinsel Istrien mittels einer Lokalbahn mit dem bedeutenden Adriahafen Triest zu verbinden. Erste Baupläne wurden bereits im Jahre 1888 von Sanderop & Compagnie in Berlin entworfen. Die Baufirma des Ingenieurs Luigi Buzzi in Triest entwickelte ein ähnliches Projekt. Im Jahre 1900 wurde die Triest-Parenzo-Canfanaro Gesellschaft in Wien gegründet (Direktor war Ludovico Rizzi) und mit dem Bau der schmalspurigen Lokalbahn begonnen.


In Izola steht die Lokomotive P3. Foto: Ch. Steingruber

Am 1. April 1902 konnte bereits das erste Teilstück von Triest nach Buje (59,6 km) eröffnet werden. Das zweite Teilstück von Buje nach Parenzo (63,5 km) wurde am 15. Dezember 1902 in Betrieb genommen. Das ursprünglich geplante dritte Teilstück von Parenzo nach Canfanaro (Kanfanar; Bahnknotenpunkt der normalspurigen Bahn Divaca-Pula) konnte jedoch aus finanziellen Gründen nicht realisiert werden. Ebenfalls ungebaut blieb die Stichbahn von Salvore (Valica) nach Umag. Doch auch ohne diese Teilstücke erreichte die Parenzaner Bahn die beträchtliche Länge von 123,1 km.

Der Betrieb der Parenzaner Bahn wurde durch die kk. Staatsbahnen durchgeführt. Als Lokomotiven wurden anfangs vier Maschinen der bewährten Baureihe U (C1n2t) eingesetzt (U20-23). Der Hersteller war Krauss-Linz. Im Jahre 1908 kamen vier weitere Loks der Reihe U dazu, die von der Lokomotivfabrik Wiener Neustadt gebaut wurden (U37-40).

Der Bahnhof in Izola. Foto: Ch. Steingruber

Bahnhof in der Stadt Kanfanar im restaurierten Zustand. Foto: Ch. Steingruber

Neben den Dampflokomotiven der Reihe U gab es noch einen Dampftriebwagen der Firma Komarek (BCM 51), der aber nicht den Anforderungen entsprach und an die Pinzgauer Lokalbahn abgegeben wurde. Ab 1911 wurden drei Lokomotiven der stärkeren Baureihe P (D1h2t), die von Krauss-Linz speziell für die Parenzaner Bahn entwickelt worden war, eingesetzt (P1-3). Im Gegenzug konnten drei Maschinen der Baureihe U an die Lokalbahn Weiz-Birkfeld abgegeben werden (U37, 38, 40).


In der Stadt Koper steht die Lokomotive U37.
Foto: Ch. Steingruber

Der Bahnhof in Livade.
Foto: Ch. Steingruber

Im Jahre 1917 wurden fünf weitere Maschinen der Baureihe P bei Krauss-Linz bestellt (P4-8), konnten jedoch kriegsbedingt nicht mehr gebaut und geliefert werden. Mit dem Ende des 1. Weltkrieges und dem Verlust von Triest und Istrien an Italien, wurde die Parenzaner Bahn von den Italienischen Staatsbahnen (FS) übernommen. Der Sitz der Bahngesellschaft wurde von Wien nach Pola (Pula) verlegt.


Ein erhaltener Unterführung in Livade,
oben fuhr die Parenzanabahn. Foto: Ch. Steingruber

Sechs Lokomotiven der Baureihe U, die von verschiedenen Bahnen der Monarchie stammten, verblieben auf der Parenzaner Bahn als Kriegsbeute (U4, 31, 33, 42, NÖLB U7, 8). Anfang der 1920er-Jahre veranlassten die Italienischen Staatsbahnen den Nachbau von sechs Lokomotiven der bewährten Baureihe P, welche die Nummern P4-9 (FS R402) erhielten. Hersteller der Nachbauten war Officine Meccaniche Italiane in Reggio Emilia. Geliefert wurden sie 1922 und 1923.

Wirtschaftliche Schwierigkeiten, deren Ursachen unter anderem auch schon in der Konkurrenz durch den Bus zu finden sind, waren während der Herrschaft des faschistischen Mussolini-Regimes Anlass, die Parenzaner Bahn am 1. September 1935 einzustellen. In dieser Zeit fielen neben mehreren anderen altösterreichischen auch schon einige FS-Schmalspurbahnen den Einsparungen zum Opfer. Die Lokomotiven der Baureihe U wurden verschrottet, die Lokomotiven der Baureihe P wurden teilweise auf 950 mm umgespurt und auf Bahnen in Italien und Libyen eingesetzt. Die Schienen der Parenzaner Bahn wurden abgebaut. Sie sollten nach Abessinien, damals eine italienische Provinz, transportiert werden. Doch das Frachtschiff versank und die Schienen liegen noch heute am Grund des Mittelmeers.

Streckenbeschreibung

Die Parenzaner Bahn begann im Bahnhof St. Andrae in Triest, der seit dem Ende des 1. Weltkrieges Campo Marzio genannt wird (heute Eisenbahnmuseum). Die Strecke verlief entlang der Hafenanlagen, wobei die Geleise der Schmalspurbahn teilweise im Normalspurgleis der kkStB Linie Herpelje -Triest bzw. der Schleppbahn Triest - St. Andrae - S. Sabba angelegt waren. Kurz vor Muggia wendete sich die Trasse vom Meer ab, um die Höhen bei Dekani zu überwinden (heute Grenze Italien - Slowenien). Später senkte sich die Trasse

Der Bahnhof in Motovun. Foto: Ch. Steingruber
in die sumpfige Ebene bei Koper (Capodistria). Wieder entlang der Küste bewegte sich die Streckenführung über Semedela nach Izola. Daraufhin verließ dieTrasse erneut das Küstengebiet und überwand mittels mehrerer Schleifen und eines imposanten Tunnels das gebirgige Hinterland von Strunjan und Portoroz.

Ein weiterer Tunnel mit Stützmauer in Motovun.
Foto: Ch. Steingruber

Hinter Secovlje durchquerte die Trasse die sumpfige Mündung des Flusses Dragonja (heute Grenze Slowenien-Kroatien). Sodann folgte ein langes Steigungsstück, um die Hochebene bei Valica (Salvore) zu erreichen. Über Buje erkletterte die Parenzana schließlich die Bergkette bei Groznjan (Grisignana), wo eine Seehöhe von 293 m erreicht wurde. Mittels zahlreicher Kehren (Viadukt, Tunnel) verließ die Bahn das gebirgige Land wieder und überquerte bei Livade den Fluss Mirna (Seehöhe 13 m).

Sodann folgte ein weiteres Steigungsstück, bei dem der Burgberg von Motovun (Montona) umrundet und schließlich die Höhen um Vizinada (Seehöhe 273 m) erklommen wurden. Über Visnjan erreichte die Bahn schließlich auf leicht abfallender Trasse die Hafenstadt Porec (Parenzo).

Das Bahnhofgebäude in Porec.
Foto: Ch. Steingruber
Relikte
Triest Campo Marzio (St. Andrae)

Obwohl das prächtige Dach bereits in der Zwischenkriegszeit abgebaut bzw. zerschnitten wurde, erneuerte man es nicht mehr doch alledem ist der Bahnhof Campo Marzio noch immer ein eindrucksvoller Anblick. Der Bahnhof beherbergt heute das Eisenbahnmuseum der Italienischen Eisenbahnerorganisation „Dopolavoro Ferroviario di Trieste“ mit zahlreichen Dampflokomotiven und anderen Ausstellungsstücken. Schmalspurige Lokomotiven der Parenzaner Bahn sind aber leider keine vorhanden. ( Dopolavoro heisst übrigens: "Nach der Arbeit". Hier handelte es sich um eine Freizeitorganisation der FS-Mitarbeiter.)

Koper (Capodistria)

Beim Bahnhof der 1967 erbauten normalspurigen Bahnlinie Divaca-Koper steht seit einigen Jahren die Dampflokomotive U37 (C1n2t, Wiener Neustadt 4867, 1908) als Denkmal. Die Lok hat ein bewegtes Leben hinter sich: 1911 wurde sie auf die Lokalbahn Weiz-Birkfeld transferiert, während des 1. Weltkrieges gelangte sie auf die Steinbeisbahn in Bosnien. Später diente sie als Werklok in der Ziegelfabrik von Busovaca bei Lasva (Bosnien). Dank des „Slowenischen Eisenbahnmuseums“ konnte die Lok vor der Verschrottung gerettet werden. Die neben der U37 abgestellten Waggons stammen von Bosnischen Bahnen, nicht von der Parenzana.

Izola

Neben der OMV Tankstelle steht die Dampflokomotive P3 (D1h2t, Krauss-Linz 1468, 1926) als Denkmal. Diese Lok wurde 1926 von Krauss-Linz für die Lokalbahn Ruprechtshofen-Gresten der BBÖ gebaut, entspricht der Baureihe P der Parenzaner Bahn, ist hier aber nie gefahren. Wenige Meter vom Lokdenkmal entfernt steht noch das alte Bahnhofsgebäude, das lange Zeit als „Kulturni Dom“ Verwendung fand.


Ehemaliger Lokomotivschuppen in Porec.
Foto: Ch. Steingruber

Groznjan – Livade – Motovun

Das am besten erhaltene Streckenstück der Parenzaner Bahn, das zugleich auch das spektakulärste sein dürfte, befindet sich zwischen den Ortschaften Groznjan (Grisignana), Livade (Levade) und Motovun (Montona). Besonders sehenswert sind der Viadukt („Galleria“) und der Tunnel bei Oprtalj (Portole). In allen drei Orten sind die Bahnhöfe als Wohnhäuser bzw. als Viehstall erhalten geblieben. Beim Bahnhof in Motovun befindet sich ein weiterer, interessanter Tunnel.

Porec (Parenzo)

Auch hier ist der alte Bahnhof mitsamt den Nebengebäuden erhalten geblieben. Er dient jetzt als Wohnhaus.


Bahnhof in Secovlje - Dragonja. Foto: Ch. Steingruber
Erhaltene Dampflokomotiven
Von den ca. 23 Dampfloks, die auf der Parenzaner Bahn ihren Dienst verrichteten, haben leider nur 3 überlebt: U37 als Denkmal in Koper, U40 als betriebsfähige Maschine auf der Murtalbahn sowie P7 als Schaustück im Museo della Scienza e della Tecnica, Mailand. Die in Izola ausgestellte P3 entspricht zwar der Baureihe P der Parenzana, ist hier aber nie gefahren.
Technische Daten

Konz. RGBl.: 233/98, 77/99, 120/07
Baulänge: 123,1 km
59,6 km (Triest-Buje)
63,5 km (Buje-Parenzo)
Spurweite: 760 mm
Anzahl der Bahnhöfe und Haltestellen: 35
Durchschnittsgeschwindigkeit: 25 km/h
Fahrzeit: 7 h

Anzahl der Kurven: 604
Engster Radius: 60 m
Größte Steigung: 28 ‰
Anzahl der Tunnel: 8 (Länge insgesamt 1530 m)
Anzahl der Brücken: 11 (darunter Osp, Rizana, Dragonja, Mirna)
Anzahl der Viadukte: 6

Niedrigster Punkt: 2 m über dem Meeresspiegel (Triest, Koper)
Höchster Punkt: 293 m über dem Meeresspiegel (Groznjan)


Eine Gallerie der Parenzanobahn. Heute als Wanderweg.
Literatur

Tadej Brate, Die Dampflokomotiven Jugoslawiens, Wien 1971.
Krobot, Slezak, Sternhart, Schmalspurig durch Österreich, Wien 1984.
Giulio Roselli, La ferrovia Trieste-Parenzo, Trieste 1967.

Link zu Pospichal Lokstatistik
Text und Fotos: Christian Steingruber
Gestaltung: Franz Straka
November 2008