Die Pöstlingbergbahn
Steilste Adhäsionsbahn Europa
Berichterstattung von Ing. Herbert Ortner und Franz Straka

In der am linkseitigen Donauufer gelegenen Ortschaft Urfahr bei Linz befindet sich der Pöstlingberg (537 m). Mit seiner Wallfahrtskirche und anderen Sehenswürdigkeiten ein beliebtes Ausflugsziel der Linzer Stadtbevölkerung und der Touristen.


Bergwärts fahrender Sommertriebwagen II um
1910. Fotograf: unbekannt


Triebwagen XV und Triebwagen XVIII bei der
Station Hotel. Foto: H. Ortner

Planung

Ing. Josef Urbanski projektierte um 1891 eine mit Dampflokomotiven betriebene Zahnradbahn auf den Pöstlingberg. Diese Pläne wurden aber nicht in ihrer ursprünglichen Form verwirklicht, da das „Consortium zur Errichtung elektrischer Anlagen in Linz“ als Alternative zur Zahnradbahn eine elektrisch betriebene Adhäsionsbahn vorschlug. Urbanskis Trassenentwurf sollte beibehalten werden. (Er selbst erhielt jedoch nur eine vergleichsweise bescheidene Abfindung für seine Arbeit.)

Triebwagen Nummer II bei Probefahrten im Jahre 1898. Foto: Archiv ESG

Sommertriebwagen Nummer I in der Remise der Talstation. Foto: Linz AG

Ein geschlossener Triebwagen beim heute nicht
mehr existierenden Schloss Hagen, vermutlich in
der Zwischenkriegszeit oder früher.
Fotograf: unbekannt

Man ging mit sehr viel Wagemut und Unternehmungsgeist an dieses Projekt, denn es gab zu diesem Zeitpunkt auf dem europäischen Kontinent keine Adhäsionsbahn mit einer Steigung von 105 ‰. Für die Bahn wurde eine Spurweite von 1.000 Millimetern gewählt. Eine Rolle spielte einerseits, dass die elektrische Traktion noch in den Kinderschuhen steckte, anderseits bestand noch ein beachtliches wirtschaftliches Risiko, da die Gegend noch dünn besiedelt war. Als Garantie erklärte sich die Stadt Linz (Urfahr war damals eine selbstständige Ortschaft. Die eingemeindung erfolgte zu Linz 1919.) bereit, einen Zuschuss auf 10 Jahre zu gewähren, falls sich die Jahreseinnahmen auf unter 35.000 Gulden belaufen würden. Die Fahrkarten sollten zusätzlich auf der Straßenbahn gelten und auch die Bewerbung der Bergbahn war Gegenstand von Bedingungen: Der Fahrplan musste im Inland sowie im Ausland bekannt gemacht werden und es waren alle übrigen Sehenswürdigkeiten darin zu erwähnen.

Bau der Pöstlingbergbahn


Instandsetzung eines Bügels von einem
Triebwagen, durch das Fachpersonal. Foto: Linz AG

Im Jahre 1897 wurde mit dem Bau der Bahn begonnen. Dieser war arbeitsintensiv und für die Arbeiter besonders anstrengend, da sämtliche Erdarbeiten händisch durchgeführt werden mussten. Schweres Baumaterial wie Leitungstrommeln, Fahrleitungsmasten ect. wurden mit einem Ochsenkarren herbeigeschafft. Trotzdem brauchte man nur knapp ein Jahr bis zur Fertigstellung. Der Oberbau wurde mit Keilkopf - Vignolschienen auf Stahlschwellen ausgeführt.

Die Fahrleitung ist auf 600 Volt Gleichstrom ausgelegt und auf Holzmasten mit Auslegern für Rollenstromabnehmer montiert.Weiters wurden die Wagen mit einer Zangenbremse ausgestattet, die die Fahrschienen seitlich umschließt. Aus diesem Grund mussten Schleppweichen mit einem drehbarem Herzstück eingebaut werden. Die Endstation auf dem Pöstlingberg wurde besonders malerisch angelegt. Sie wurde in einem der sieben Türme des Festungsbauwerkes am Pöstlingberg eingerichtet, welches aus der nach-napoleonischen Zeit stammt. Auch die anderen Türme wurden dabei zum Teil für touristische Zwecke umgestaltet. Nach der polizeilichen Prüfung am 27. und 28. Mai konnte am 29. Mai 1898 , zehn Monate nach Baubeginn, der Betrieb der Öffentlichkeit übergeben werden. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme standen die von der Grazer Waggonfabrik AG gelieferten Sommertriebwagen I - VI zur Verfügung. Noch im gleichen Jahr, am 30. August 1898 wurde das Bergbahn - Hotelrestaurant eröffnet.


Neuer Turmwagen im Einsatz im Talbahnhof.
Foto: Archiv ESG



Ursprüngliche Kreuzung mit der Mühlkreisbahn mit schwenkbaren Schiene für die Pöstlingbergbahn. Im Hintergrund nähert sich der Triebwagen Nummer IV. Foto: Archiv ESG


Strassenbahntriebwagen Nummer 5 und Pöstlingbergtriebwagen Nummer IV bei der ursprünglichen Talstation. Foto: Archiv ESG

Betrieb

In den ersten Betriebsjahren war es notwendig, die Ausweiche Hagen um 5 m und Pöstlingberg um 10 m zu verlängern (Zug Kreuzung). 1898/99 wurde in der Winterpause ein neuer Bergbahnhof nördlich der ursprünglichen Gleise errichtet. Im August 1899 stellte man fest, das eine starke Abnützung der Spurkränze an den Rädern, sowie der Schienenköpfe an den äußeren Schienen (im Bogen) auftrat. Man fand heraus, das der seitliche Schub zu groß und daher für die Abnützung verantwortlich sei. Der Triebwagen Nummer II wurde darum mit Radsätzen mit doppelseitigen Spurkränzen ausgerüstet, was dank des besonderen Gleis- und Weichensystems problemlos möglich war. Nach zweimonatiger Erprobung zeigte sich, dass dieses Problem damit offenbar behoben war.

Blick von der Strasse auf den Triebwagen
Nummer VI. Foto: Linz AG

1899 wurden geschlossene Winterwagen mit den Nummern VII-VIII geliefert . Sie hatten ebenfalls die neuen Radsätze mit doppelten Spurkränzen, aber auch die Vorschaltwiderstände für die elektrische Bremse wurden verstärkt. Ab 1900 wurde der ganzjährige Betrieb eingeführt und die Strecke mit Telefon und Signalapparaten ausgestattet. 1901/02 ließ der Besucherstrom nach. Man führte dies auf die schlechte Wetterlage zurück. Per 1. Mai 1904 übernahm die an der Wagenhalle des Bahnhofes Urfahr angebaute Umformerstation ihren regelmäßigen Betrieb. Im Jahr 1904 wurde ein weiterer Triebwagen mit geschlossenem Wagenkasten (Nummer IX) in den Dienst gestellt. 1906 entstand durch Dr. Scheining

in einem der alten Festungstürme die bei Jung und Alt beliebte Grottenbahn auf dem Pöstlingberg. In den folgenden Jahren wurden die Holzmasten gegen Stahlprofilmasten aus alten Schienen ausgewechselt. Dies geschah um 1908 bzw. 1909 , da gleichzeitig Schienen in den Kurven durch die starke Abnützung ausgewechselt werden mussten. Zur selben Zeit wurde in allen Triebwagen eine Spurkranzschmierung in Verbindung mit neuen Radreifen installiert. 1912 wurde der Wintertriebwagen mit der Nummer X in Betrieb genommen, erstmals mit verglaster Plattform. Im Ersten Weltkrieg gab es einen enormen Aufschwung, der aber durch die schlechte Wirtschaftslage nach dem Krieg wieder gebremst wurde. 1921 wurde ein weiterer Wintertriebwagen mit verglaster Plattform in Betrieb genommen, hierbei gelangte das Fahrgestell des Sommertriebwagen V zur Verwendung. 1932 wurden 240 m Keilkopfschienen und Eisenschwellen in verstärkter Ausführung eingebaut. Durch die Wirtschaftskrise und trotz steigender Fahrgastfrequenz blieb der Bergbahnbetrieb bis 1939 defizitär. Ab

Wartungsarbeiten am Triebwagen Nummer XVI
vom Fachpersonal in der Remise: Foto: Linz AG
1940 stiegen die Fahrgastzahlen und trotz des Zweiten Weltkrieges wurde 1943 ein neuer Höchststand an beförderten Fahrgästen erzielt. 1945 wurden infolge der Luftangriffe auf die Stadt Linz mehrmals die Gleisanlagen sowie der Wagenpark getroffen und beschädigt. Die Schäden konnten in Kürze wieder behoben werden. Die Wintertriebwagen wurden in den 1950er Jahren mit neuen Wagenkästen bestückt. Die Lohnerwerke bauten den Sommertriebwagen Nummer V, der bei einem Unfall 1960 schwer beschädigt wurde, neu auf.

Triebwagen Nummer XVIII auf der Bergstation.
Foto: F. Straka

Dieses Fahrzeug war der einzige Triebwagen mit Stahlkasten. Für den Alltagsbetrieb aber zu schwer, sollte sich dieses Fahrzeug nicht bewähren. 1978 wurde die Talstation grundlegend renoviert. Erwähnenswert ist zweifellos auch, dass die Pöstlingberbahn 1983 in das Guiness-“Buch der Rekorde“ als steilste Adhäsionsbahn der Welt aufgenommen wurde. 1988/89 wurde die Talstation abermals renoviert wobei das äußere Erscheinungsbild erhalten blieb. Am 11. Oktober 1988 wurde der Einmannbetrieb aufgenommen. Dazu mussten die Fahrzeuge mit einer zusätzlichen Sicherheitsbremse ausgestattet werden und die Weichen wurden auf elektrischen Antrieb umgestellt. Kursierende Gerüchte, dass die Bahn aus technischen Gründen eingestellt werden solle, erwiesen sich als haltlos. Es gelang zu diesem Zeitpunkt auch noch eine Firma zu finden, die Keilkopfschienen erzeugte, welche für die

Erneuerung der Gleisanlagen benötigt wurden. Damit war der Weiterbestand der Pöstlingbergbahn in ihrem ursprünglichen Zustand noch für mehrere Jahre gesichert. 1990 wurden die Haltestellen stilvoll renoviert sowie die Beleuchtung der Zeit angepasst.

1995 verzeichnete die Bahn Frequenzzuwächse durch den „Adventmarkt am Berg“. 1998 fanden anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Pöstlingberbahn zahlreiche Feierlichkeiten statt. Dazu wurde am 12. Juni 1998 eine Sonderbriefmarke „100 Jahre Bergbahn“ mit Sonderstempel aufgelegt und die Konzession neuerlich bis 2008 verlängert . In diesem Jahr beendete die Pöstlingbergbahn nach 110 Jahren den Betrieb in ihrer ursprünglichen Form als Meterspurbahn mit außergewöhnlichem Rad-Schiene-System. Zwischen März 2008 und März 2009 wird die gesamte Strecke umgebaut auf die Spurweite von 900 mm. Weiters wird die Bahn an das Strassenbahnnetz der Linz AG angebunden und kreuzt die Mühlkreisbahn/ÖBB. Die Bahn fährt ab März 2009 von der Stadt aus, auf den Pöstlingberg. Neben Nostalgietriebwagen (Umspurung auf 900 mm) werden auch neue moderne Triebwagen (der Zeit entsprechend) von der Firma Bombardier die Einwohner und Touristen auf den Berg bringen.


Neben Fahrgästen werden am Zuganfang Kinderwagen transportiert oder so wie in diesem
Falle Rodeln. Foto: LINZ AG

Wir bedanken uns bei der Pöstlingbergbahn für die Information und für die gute Zusammenarbeit sowie deren Unterstützung.

Fahrzeuge im Stand der Pöstlingbergbahn

Triebwagen: I - IV wobei der Triebwagen IV an die Straßenbahn in Gmunden verliehen ist (1995). Dauerleihgabe an die Gmundner Strassenbahn.

VI, VIII, X, XI, XII, XIV, XV, XVI, XVII, XVIII, wobei der Triebwagen XIII sich im Eigentum den Club Florianerbahn befindet.

Die Triebwagen XI und XII besitzen eine Vorrichtung für die Montage eines Schneepfluges, sowie eine Sprühanlage zur Enteisung der Fahrleitung.

Verschrottete Fahrzeuge: V (1989), VII (1979), IX (1979)


Triebwagen Nummer XVIII im März 2008 auf den
Weg zur Bergstation. Foto: F. Straka
In einem weiteren Bericht (2009) wird die neue Bergbahn beschrieben die mit neuen und alten Fahrzeugen den Betrieb aufnehmen wird. Da die Bergbahn, später auch die Strassenbahn benützt werden weitere Berichte in unserem Online Magazin http://www.strassenbahn-europa.at zu finden sein.

Weichenzunge von der alten Pöstlingbergbahn
im März 2008. Foto: F. Straka

Weichenherz drehbar von der alten
Pöstlingberbahn. Foto: F. Straka
Pöstlingbergbahn-Museum

Das Pöstlingbergbahn-Museum wurde am 29. Mai 2008 im Zuge einer Presse-konferenz seiner Bestimmung übergeben. Der erste Publikumsbesuch ist am 31. Mai 2008 möglich, da das Museum immer Samstag, Sonn- und Feiertag von 10.00 bis 16.00 Uhr geöffnet ist. Eintritt ist frei. Im Museum bleiben ein Sommerwagen und ein geschlossener Wagen.

Ein Sommerwagen ist für das Linzer Schlossmuseum reserviert, der dritte Wagen kommt zu den Nostalgiebahnen in Kärnten (Technikmuseum Historama in Ferlach)

Bei den geschlossenen Wagen kommt Wagen Nummer VI und XVI nach Gmunden, Wagen Nr. XIV kommt ebenfalls nach Kärnten. Die Wagen Nr. VIII, X, XI werden revitalisiert und sind ab 2009 auf der neuen Strecke im Einsatz. Wagen Nr. XII ist der Museumswagen. Die Wagen Nr. XV und XVIII sind derzeit noch nicht fix vergeben.

Quelle: http://www.linzmobil.at/forum

Buch Tipp

Straßenbahnen in Linz
Verlag Slezak ISBN 3-900134-17-0

100 Jahre Elektrische Straßenbahn
Gottfried Küre
Verlag Heyn Klagenfurt ISBN 3-853668-67-4

Unsere Pöstlingbergbahn
ESG Verkehr, Linz 1998 ISBN 3-901838-20-1

Sonderheft 1 "Schienenverkehr aktuell"
Die Pöstlingbergbahn
Alfred Laula,1976
Verlag Peter Pospischil

Ing. Herbert Ortner
Franz Straka
Juni 2008