Die Pferdeeisenbahn - 3. Teil

Die Grosse Schleife des Franz Anton Ritter von Gerstner

Über die Rettung eines eisenbahngeschichtlichen Denkmals von Christian Steingruber

Einleitung

Der bautechnisch bemerkenswerteste Streckenabschnitt der Pferdeeisenbahn Budweis–Linz–Gmunden ist die sogenannte „Grosse Schleife“ zwischen Zartlesdorf, Eisenhut, Edlbruck, Leitmannsdorf, Hiltschen, Leopoldschlag-Dorf und Pramhöf. Dieses Streckenstück ist insofern so bemerkenswert, da die Bahn hier die Kontinentale Wasserscheide überwinden musste, was nur mit dem Einsatz von gewaltigen Kunstbauten (Brücken, Dämmen, Einschnitten) und einer ausgeklügelten Streckenführung gelang. Franz Anton Ritter von Gerstner legte die Bahntrasse von Zartlesdorf kommend in einer großen Schleife über das Tal des Eisenhuter Baches (seinerzeit Stiegersdorfer Bach genannt) und führte sie mittels einer ähnlich langen Gegenschleife weiter bis zur Scheitelstation Pramhöf. Die durchdachte Streckenführung und die sorgfältig erwogene Steigung von 3,2 Promille lassen Vergleiche mit modernen Gebirgsbahnen zu. Zwischen Zartlesdorf und Pramhöf liegen über 18 Brückenbauten, darunter die zur Zeit ihrer Erbauung wegen ihrer kühnen Konstruktion gerühmten Brücken über die beiden Edlbrucker Schluchten, die bis zu 22 m lang bzw. bis zu 18 m hoch waren. Sowohl die Pferdeeisenbahn-Trasse wie auch zahlreiche Kunstbauten dieses Streckenabschnittes haben sich bis in die heutige Zeit erhalten und geben Zeugnis vom hohen technischen Können des Franz Anton Ritter von Gerstner.

Der Verlauf der Grossen Schleife
Die „Grosse Schleife“ beginnt in Zartlesdorf, das heutzutage Rybnik genannt wird. Von der Mittelstation der Pferdeeisenbahn ist leider nichts mehr erhalten geblieben, jedoch befindet sich nahe dem Bahnhof der normalspurigen Bahn Linz-Budweis ein Gedenkstein für Franz Anton Ritter von Gerstner. Unweit des Bahnhofes sind noch Dämme und Widerlager einer Brücke zu erkennen. In den Wiesen und Feldern südlich von Zartlesdorf ist die Trasse der Pferdeeisenbahn kaum mehr zu erkennen. In diesem Gebiet befanden sich mehrere von Alt-Österreichern bewohnte Ortschaften, die allesamt nach 1945 zerstört wurden. Nur noch Ruinen zeugen davon. Etwa 1 km vor der Staatsgrenze finden sich die mächtigen Widerlager einer Brücke, die einst einen Zufluss des Eisenhuter Baches überspannte.

Brücke in der Edlbrucker Schlucht
Die Trasse tritt dann in ein Waldgebiet ein und ist als hohlwegartiger Einschnitt gut erkennbar. Nach etwa 0,5 km stehen neben der Trasse die Ruinen eines Hauses; es dürfte sich hiebei um das Wachthaus Nr. 21 handeln. Wenige Meter von der Ruine entfernt ist das mächtige Widerlager einer Brücke zu erkennen; der südliche Brückenkopf fehlt allerdings, er ist vermutlich beim Bau des „Eisernen Vorhanges“ demoliert worden. Auf einem hohlwegartigen Einschnitt erreicht man schließlich den Grenzbach, der mit einer weiteren Brücke überspannt wurde. Die Widerlager und der anschließende Damm sind bestens erhalten. Seit kurzem besteht hier eine Grenzübertrittsstelle. Vor Eisenhut ist noch ein kurzer Einschnitt zu erkennen, ansonsten ist alles einplaniert worden. Auch die Brücke von Eisenhut ist nicht mehr vorhanden. In dem Waldstück südlich von Eisenhut ist die Trasse aber wieder als Damm bzw. Einschnitt zu
erkennen. Einer der technischen Höhepunkte der Grossen Schleife ist die darauf folgende „Kleine Edlbrucker Brücke“, die 7.5 m lang und 13,2 m hoch war. Das rekonstruierte hölzerne Tragewerk der Brücke musste leider unlängst aus Sicherheitsgründen entfernt werden. Nur wenige hunderte Meter weiter folgt die „Grosse Edlbrucker Brücke“, die 22,7 m lang und 18,4 m hoch war. Auch hier musste das morsche Tragewerk aus Sicherheitsgründen entfernt werden. Beim östlichen Brückenkopf befand sich einst das Wachthaus Nr. 22, von dem keine Reste mehr erhalten sind. Die Trasse wendet sich nun am Osthang des Eisenhuter Tales in nördliche Richtung. Nahe einem Teich müssen früher zwei Brücken und ein tiefer Einschnitt vorhanden gewesen sein, davon ist allerdings nichts mehr vorhanden. Im anschließenden Waldgebiet ist die Trasse allerdings wieder gut erkennbar. Bald tauchen die mächtigen Widerlager einer Brücke auf, daran anschließend ein Damm mit Gleismauer, auf dem Schwellensteine zu erkennen sind. Auf einer großen Wiese ist die Trasse nicht mehr erkennbar. Sodann folgen ein tiefer, aus dem Felsen herausgeschlagener Einschnitt und eine weitere mächtige Brücke. Letztere ist auch am offiziellen Pferdeeisenbahn-Wanderweg erreichbar. Hinter der Brücke finden sich wieder interessante Abschnitte, die durch tiefe Einschnitte und hohe Dämme geprägt sind. In diesem Bereich ist auch eine kleine Brücke zu finden. Gegen Leitmannsdorf hin ist wieder ein reizvoller Dammbereich mit Steinmauer, dem ein Einschnitt folgt. Bei einem Bauernhof in Leitmannsdorf sind noch Damm- und Brückenreste erkennbar. Hier beginnt dann die Gegenschleife, die sich bis Pramhöf erstreckt. Von der Brücke bei Hiltschen ist nur mehr das südliche Widerlager, das sich in einem Gemüsegarten befindet, erhalten. Im Wald südöstlich von Hiltschen ist noch ein Einschnitt vorhanden, der allerdings als Mülldeponie missbraucht wird. Etwa 0,5 km südöstlich der Kirche Maria Schnee finden sich die ruinösen Widerlager einer Brücke sowie ein kurzer Einschnitt, ansonsten ist in diesem Bereich alles einplaniert. Von der Brücke bei Leopoldschlag-Dorf ist nichts mehr erhalten. Südlich des Ortes ist das Wachthaus Nr. 23, das sich derzeit in einem relativ guten Zustand befindet. Das anschließende Streckenstück nach Pramhöf ist nur mehr schlecht erhalten. Es finden sich hier zwar noch einige Brücken und Durchlässe, die aber allesamt in einem ruinösen Zustand sind. Vom Scheitelbahnhof Pramhöf, der von 1828 bis 1830 in Betrieb war, ist nichts mehr erhalten geblieben. Eine ebene Wiesenfläche lässt erahnen, wo seine Lagestalle war.


Wachterhaus Nr.24 Pramhof


Wachterhaus Nr.23 Leopoldschlag
Wenige Meter hinter dem Bahnhofsgelände existiert aber noch das Wachthaus Nr. 24, das sich in einem relativ guten Zustand befindet. Mit der Überquerung des Edlbaches, der über Feldaist und Donau ins Schwarze Meer entwässert, mittels einer einbogigen Steinbrücke, endet die „Grosse Schleife“.

Bedrohung durch den Bau der Mühlviertler Schnellstrasse

Vor einigen Jahren wurden Berichte bekannt, die besagten, dass die am Osthang des Eisenhuter Tales verlaufende Trasse der Pferdeeisenbahn, also der Bereich zwischen „Großer Edlbrucker Brücke“ und Leitmannsdorf, beim Bau der Mühlviertler Schnellstrasse S10 komplett abgetragen werden soll. Dieser etwa 2 km lange Streckenabschnitt weist, abgesehen von seiner großen landschaftlichen Schönheit, drei erhaltungswürdige Brücken, zahlreiche Dämme und Einschnitte auf.Der Verfasser informierte damals das Landeskonservatorat für Oberösterreich von der geplanten Demolierung. Im Frühling 2005 kam es zu einer ersten Begehung des betroffenen Streckenabschnittes durch den Archäologen Mag. Heinz Gruber und die Kunsthistorikerin Mag. Susanne Heilingbrunner. Beide Fachleute erkannten den guten Erhaltungszustand der Kunstbauten sowie die große Bedeutung des Streckenabschnittes aus der Sicht der Eisenbahn- und Technikgeschichte. Eine Unterschutzstellung wurde angeregt, konnte aber vorerst nicht realisiert werden. Im Winter 2005/06 kam es zu erneuten Gesprächen mit Prof. Dr. Wilfried Lipp vom Landeskonservatorat für Oberösterreich, der bekräftigte, dass man die Unterschutzstellung des betroffenen Streckenabschnittes durchführen wolle. In den folgenden Monaten kam es dann zu Verhandlungen mit der ASFINAG, die für Planung, Bau und Betrieb der Mühlviertler Schnellstrasse S10 verantwortlich ist. Um diese Zeit wurden auch Berichte durch diverse Medien (Freistädter Rundschau, Oberösterreichische Nachrichten, ORF-Landesstudio OÖ.) veröffentlicht, die auf die geplante Demolierung eines einzigartigen Streckenabschnittes der Pferdeeisenbahn aufmerksam machten. Im Herbst 2006 kam es endlich zu einem Ergebnis der Verhandlungen, die zwischen dem Landeskonservatorat und der ASFINAG geführt wurden. Die ASFINAG bot letztendlich an, die Mühlviertler Schnellstrasse S10 etwas in Richtung Osten zu verlegen, wodurch die Pferdeeisenbahntrasse nicht mehr unmittelbar gefährdet ist. Der ORF-Landesstudio OÖ. hat in der Sendung "Oberösterreich-Heute" vom 21. November 2006 ausführlich über den erfreulichen Ausgang der Verhandlungen berichtet.

Ausblicke

Bezüglich der anderen, noch erhaltenen Streckenabschnitte und Kunstbauten kann vorerst leider keine Entwarnung gegeben werden: Erst vor wenigen Jahren wurde das weitgehend original erhaltene Wachthaus Nr. 36 (Pernau) der Nordstrecke Budweis–Linz von einem Bauspekulanten demoliert. Das Wachthaus Nr. 5 (Neubau) der Südstrecke Linz–Gmunden soll beim Bau einer Umfahrungstrasse beseitigt werden. Auch für die weitgehend original erhaltenen Wachthäuser Nr. 23 (Leopoldschlag), 24 (Pramhöf), 26 (Rainbach), 39 (Kleines Gusental) und 45 (Schweinberg) der Nordstrecke wäre dringend Handlungsbedarf geboten. In zahlreichen Gesprächen mit Vertretern des Bundesdenkmalamtes und anderer Institutionen ist man mittlerweile zur Auffassung gelangt, dass nur eine Unterschutzstellung die Relikte der Pferdeeisenbahn langfristig vor Demolierung bewahren kann. Erfreulicherweise wurde im Frühsommer 2007 mit der Aufnahme der noch erhaltenen Kunstbauten und Trassenabschnitte durch Mag. Susanne Heilingbrunner (Landeskonservatorat für OÖ.), Michael Oberer (Fotograf, Bundesdenkmalamt) und HR Dipl. Ing. Johannes Sima (Bundesdenkmalamt, Abteilung für Architektur und Bautechnik) begonnen. Es ist zu hoffen, dass das Unterschutzstellungsverfahren bald abgeschlossen und ein in Europa einzigartiges Ensemble von eisenbahn- und technikgeschichtlichen Denkmalen für die Nachwelt gerettet werden kann.


Plan der grossen Schleife der Pferdeeisenbahn vom OÖ. Landesarchiv

Gedenktafel bei Zartlesdorf (Rybnik)

Relikt bei Zartlesdorf (Rybnik)

Literatur

Aschauer Franz, Aus der Geschichte der oberösterreichischen Eisenbahnen, Oö. Heimatblätter, Jahrgang 14, Heft 1, Linz 1960.

Pfeffer Franz, Oberösterreichs erste Eisenbahnen, Oö. Heimatblätter, Jahrgang 5, Heft 2, Linz 1951.

Pfeffer Franz, Kleinhanns Günther, Budweis-Linz-Gmunden, Wien-Linz 1982.

 

Text: Ch. Steingruber
Gestaltung: Franz Straka
September 2007

Nachtrag über Aussagen von Politiker über hist. Bauten

Meinung der Redaktion von Schmalspur-Europa

Hier sieht man wie egal unseren Politiker die Menschen bzw. unser Kulturgut ist. Man sollte annehmen, das die (SP) für das Volk da sei! Aber so wie in letzter Zeit ist das Volk Zweitrangig und nicht gefragt. Wir sollten nur eines bedenken, dass wir der Staat sind und nicht unsere Politiker! Kämpfen wir dagegen an.
Meinung des Chefredakteur von Schmalspur-Europa.

Oberösterreichische Nachrichten

HÖRSCHING. Die geplante Umfahrung des Ortsteils Neubau sorgt erneut für Kritik: Mit dem Bau des Tunnels müsse ein historisches Wachthaus an der alten Pferdeeisenbahnstrecke weichen, ärgert sich eine Welser Initiative.

Von 1834 bis 1859 verband eine Pferdeeisenbahn die Städte Budweis, Linz, Wels und Gmunden. "Zu ihrer Zeit war sie die längste Eisenbahnstrecke der Welt", berichtet Heinz Schludermann vom Verein Pferdeeisenbahn in Wels. Mit dem Bau des Tunnels in Neubau wäre die Existenz des alten Wachthauses, in dem einst der Bahnwächter samt Familie wohnte, gefährdet, warnt Schludermann. Der Welser Verein plant eine Rettungsaktion, um das Haus zu erhalten.

"Entspricht Original"

"In Budweis stellte sich mit einer Baustelle ein ähnliches Problem. Die dortigen Behörden haben das Haus einfach unterfangen und um eine kurze Distanz verschoben", berichtet Schludermann.

Das betroffene alte "Wachthaus Nummer fünf" entspreche mit seiner Grundstruktur dem Original und sei daher erhaltenswürdig, argumentiert Schludermann. Das Gebäude solle als Museum genutzt werden. Er , Schludermann, habe diesbezüglich auch positive Signale vom Bundesdenkmalamt bekommen. Der Verein will das Gebäude aus der Monarchie erhalten und sucht bereits Sponsoren.

"Das soll sich Schludermann mit dem Land Oberösterreich ausmachen. Hörsching ist ja nicht Bauherr der Unterflurtrasse", kontert Bürgermeister Anton Korepp (SP). Das Gebäude, das die Initiative retten wolle, habe mit der alten Pferdeeisenbahn nichts mehr zu tun, meint der Bürgermeister.

"Das ist eine uralte Keischen, wo im Lauf der Jahre schon alle möglichen Leute drin gewohnt haben", so Korepp rustikal. "Wenn's erhaltenswürdig wäre, wäre ich dabei bei der Rettungsaktion. Aber das ist heute ein Durchgeh-Häusl."

"Gedenkstein genügt"
Korepp glaubt außerdem, dass man das Haus gar nicht verschieben könne, abgesehen davon "zahlt es sich gar nicht mehr aus. Von mir aus stellen wir einen Gedenkstein hin. Mir als Bürgermeister ist es das wichtigste Anliegen, dass der Tunnel gebaut werden kann", legt sich Korepp fest. (staro)

Quelle: Oberösterreichische Nachrichten

Nachtrag Jänner 2008

Nachtrag über neue Funde der Pferdeeisenbahn
Bei einer Begehung konnte am Linzerberg bei Gallneukirchen, nahe dem weitgehend original erhaltenen Wachthaus Nr. 45 der Pferdeeisenbahn Budweis-Linz-Gmunden, eine bislang unbekannte Brücke (Damm mit Durchlass)  verifiziert werden.
Lokalisierung: 0,35 km NWW vom Wachthaus Nr. 45 (Moserweg 14, MG Engerwitzdorf) bzw. 0,3 km W vom Martinsstift Meridian 31, Rechts   79484, Hoch 5356789


Wachthaus Nummer 45. Foto: Ch. Steingruber

Zwischen den Bäumen finden Sie den Durchlass.
Foto: Ch. Steingruber

Blick auf den Durchlass. Foto: Ch. Steingruber

Die Trasse über dem Durchlass. Foto: Ch. Steingruber
Nachtrag Juni 2008/Info Ch. Steingruber
Neues Buch erschienen 2008 / Nachtrag Juni 2008
Lexikon der Pferdeeisenbahn
Autor: Johann Brunner / Ivo Hajn
ISBN: 80-86-260-78-5
Das Buch ist in zwei Sprachen verfasst, Deutsch / Tschechisch
Seiten 175

Ebenfalls eine gute Ergänzung zur Pferdeeisenbahn in Österreich, ist die Pferdebahn in Döbeln. Weitere Informationen finden Sie unter folgenden Link: http://www.doebeln.net/wiki/Pferdebahn