SCHINZNACHER BAUMSCHULBAHN (SchBB)
Narrow Gauge Garratt

Berichterstattung: Hans - Rudi Lüthy-Pavan, Heinz Bircher, Franz Straka

Entstehung: Die durch die Anlagen der Firma „Hermann Zulauf AG, Baumschulen“, führende 600 mm-Bahn hat ihren Ursprung bereits im Jahre 1928 . Damals führten die Arbeiter der Baumschule auf einfachen Rolli (Wagen) die schweren Erdballen und Bäume an den gewünschten Ort. Zu jener Zeit gab es weder eine Dampf-, geschweige denn eine Diesellok. Das für diesen Zweck erbaute Schienennetz wurde mit dem Aufkommen der „Benzinkutschen“ allmählich reduziert und immer weniger durch die Zulauf-Baumschule genutzt. Der heutige Geschäftsleiter fand aber an den Feldbahnen Gefallen und erwarb verschiedenes Rollmaterial. So fanden seit 1976 drei Dampflokomotiven sowie fünf Diesellokomotiven und mehrere Waggons eine neue Heimat. Für den Betrieb des Rollmaterials suchte Hermann Zulauf Menschen, welche diesen als Hobby vornehmen. Das Schienennetz wurde ausgebaut, und seit Sommer 1978 fahren neben dem Baumschulverkehr auch Züge für die Besucher an Samstagen und Sonntagen, neuerdings mit Dieseltraktion am Mittwochnachmittag statt. Die gefundenen Helfer schlossen sich im Januar 1980 zum Verein „Schinznacher Baumschul-Bahn“ zusammen. 
Als Ziel hat sich der Verein zwei ganz wichtige Punkte gesetzt: Erhaltung und Betrieb der Bahn, Ausbildung der Aktivmitglieder.
Der gesamte Betrieb wird nach den Vorschriften der Schweizer Eisenbahnen mit den entsprechenden Anhängen (Fahrdienstreglement usw.) durchgeführt.


Autor Hans Rudi Lüthy-Pavan mit der Lokomotive Pinus


Lokomotiven vor dem Lokomotivschuppen

Ausbildung: Als Aktivmitglied kann aufgenommen werden, wer an mindestens 12 Tagen pro Jahr mitarbeiten will. Geeignete Aktivmitglieder werden auf Wunsch nach den Bestimmungen des Betriebsreglementes zum Lokführer, Heizer, Vorstand oder Betriebssekretär ausgebildet. Um den entsprechenden Ausweis erlangen zu können, hat sich der Anwärter einer Prüfung zu unterziehen. Während des Winterhalbjahres, wenn der Betrieb reduziert oder sogar eingestellt ist, werden an den Fahrzeugen und Anlagen soweit nötig und soweit durch eigene Leute möglich, Revisionen durchgeführt (dringende auch im Sommer). Damit haben die Mitglieder Gelegenheit, sich auch mit dem technischen Aufbau der Bahn zu befassen und die Zusammenhänge kennenzulernen.

Rollmaterial: Die SchBB verfügt über einen ordentlichen Bestand an Rollmaterial diverser Herkunft. Es wird auf das nachfolgende Lokverzeichnis hingewiesen (Stand 2006 ). Nachdem die Lokremise und Werkstätte der SchBB in den vergangenen 2 Jahren neu aufgebaut und eingerichtet wurde, warten immer noch diverse Lokomotiven und Waggons auf ihre Aufarbeitung.
Lokomotive Emma
Gleisanlage: Die Gleisanlage der SchBB erlaubt mit den vorhandenen Ausweichstationen und den Abstellgeleisen einen regen Zugverkehr. Entsprechende Signale stehen auf der Anlage zur Verfügung. Zu Beginn des Fahrbetriebes waren im Streckennetz drei Stationen vorhanden, auf deren Ausweich- oder Abzweiggleisen Kreuzungen und Ueberholungen vollzogen werden konnten. Die gesamte Gleislänge betrug vor der Erweitung innerhalb des Gärtnerei- betriebes 4,5 km, davon 3 km für den Regelzugbetrieb. Mit der Betriebserweiter- ung der Zulauf AG wurden verschiedene Gleisführungen z.T. durch ein Eisenbahn- Militärdetachementes erneuert bzw. erweitert. Die Gesamtlänge wurde aber nur unbedeutend verändert. Auf der Strecke sind Steigungen bis zu 60 ‰ vorhanden. Bei Nieselregen oder starkem Nebel im Aaretal kann es daher durchaus vorkommen, dass die Dampflok auf diesen Strecken kurz schleudert. Das geschulte Lokpersonal hat jedoch ihre Fahrzeuge „im Griff“.
Bahnbediensteter mit historischer Uniform
Betrieb: Von Mitte April bis Mitte Oktober verkehren jeweils an Samstagen und Sonntagen die Züge der SchBB. Sonderzüge für Hochzeiten oder Gesellschaften gehören in den vergangen Jahren zur Tagesordnung an Samstagen, doch kann man jederzeit unter der Woche Sonderzüge bestellen. Steigen wir also in den Zug ein und geniessen eine Fahrt unter Dampf. Sobald der Vorstand mit seiner roten Mütze feststellt, dass die Abfahrtszeit da ist, gibt er vom Zentralstellwerk aus mittels Signals – oder mit einer Stationsglocke – die Ausfahrt frei. Kaum ist der Zug einige Hundert Meter gefahren, beginnt eine Gefällstrecke. Am tiefsten Punkt angelangt fahren wir ein kurzes Stück dem begleitenden Bächlein entlang. Nur zu kurz ist dieser Abschnitt, denn schon ertönt ein heftiges Schnaufen der Dampflok und der Blick zum Kamin zeigt die starke nun folgende Steigung innerhalb eines Einschnittes. Dort, wo die Höhe gewonnen ist, ladet der Baumschulsee (eine alte Kiesgrube) zum Verweilen. Wir befinden uns bei der kleinen, aber sehr bedeutenden Ausweichstation „See“. Nach kurzem Halt geht die Fahrt über eine Brücke weiter – welch eine Höhendifferenz zum zuerst befahrenen Gleis! Durch eine kleine Baumgruppe, an der Jungpflanzenanlage vorbei, gelangen wir zum Depotgelände und durchkreuzen all die Gleis. Welch schöne Musik erklingt unter den Rädern! Am Neu- bzw. Erweiterungsbau der Gärtnerei vorbei führt der Schienenstrang durch die grosse Werkhalle, wo verschiedene Traktoren, Arbeitsmaschinen und Betriebseinrichtungen auf ihre Arbeit warten. Hinter einem grossen Treibhaus vorbei, in welchem z.T. exotische Pflanzen gedeihen, schnurrt unsere Dampflok auf praktisch gerader Strecke wieder zur Station „See“. Wenn wir den richtigen Tag erwischen, so erwarten wir hier den Gegenzug. Der Lokführer und der Heizer nutzen inzwischen die Zeit, um die Schmierung und das Feuer gründlich zu überprüfen, während der Kondukteur (Schaffner) seinen Platz auf der hintersten Bremsplattform verlassen hat, um die Billette (Fahrkarten) zu kontrollieren. Nicht allzu viel hat er die Bremse betätigt, da unser Zug die Luftbremse benutzen konnte. Dann bleibt uns noch Zeit die schöne Gegend um den Baumschul-See anzuschauen. Bei Sommerwetter wird hier auch ein Picknickplatz angeboten. Wenn dann der Gegenzug eingefahren ist und auch unsere Abfahrtszeit übereinstimmt kann der Regulator der Dampflok wieder geöffnet werden, wobei es zischt und braust. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass die Hip'sche Wendescheibe auf „freie Fahrt“ steht. An aufgeschichteten Torfballen, kleinen Obstbäumen und Jungtannen aller Arten vorbei geht die Fahrt über einen grossen Bogen durch das Baumschulgelände. Vor dem grossen Treibhaustrakt erreicht die Strecke wieder das Gleis, auf welchem wir vorher gegen den See gefahren sind, diesmal in der Gegenrichtung. Nach ca. 20 Minuten erreichen wir wieder unseren Ausgangspunkt, wo schon neue Gäste auf die romantische Dampffahrt warten. Emsig wird die nächste Fahrt vorbereitet und noch schnell der Durst bei der Dampflok bekämpft.

Text: Hans Rudi Lüthy


Neue Lokomotivhalle


Lokomotiven vor dem Lokomotivschuppen

NG / G13 / Narrow Gauge Garratt

 Bevor wir Ihnen einen Überblick über die Garratt Lokomotive geben, wollen wir Ihnen das Unternehmen vorstellen wo die Garratt „das Licht“ erblickte. 1835 gründete Georg Egestorff ein Werk in Hannover – Linden und lieferte Lokomotiven unter den Namen „Maschinenfabrik & Eisengießerei Georg Egestorff“. Die Fabrik gehörte zu damaligen Zeiten zu den ersten Lokomotivfabriken in Deutschland. 1868 wurde das Werk von Dr. Bethel Strousberg für drei Jahre übernommen und 1871 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Die Firma agierte von nun an unter den Namen „HANOMAG Hannoversche Maschinenbau AG vormals Georg Egestorff“. Ende des 19. Jahrhundert war das Werk eine der bedeutensten deutsche Lokomotivfabriken, und bis in die 1920 er Jahre baute das Werk Dampflokomotiven. Da aber die Nachfrage an Dampflokomotiven seitens der DRG immer geringer wurde, wurde der Lokomotivbau aufgegeben. Mitte 1931 verließ die letzte Lokomotive das Werk und die Produktionslinie wurde auf Straßenfahrzeuge umgestellt. Der Bereich der Lokomotiverzeugung (10 % der Gesamtproduktion) erging an Henschel in Kassel, wo Werks-, Privat-, Feldbahndampf- und Akku Lokomotiven gebaut wurden. Der Schmalspurbereich wurde durch schwere schmalspurige Dampflokomotiven für Indien und Afrika bereichert. Eine Interessante Lokomotive für Schmalspurbahnen war die NG/G13/Narrow Gauge Garratt, die vom Verein der „Schinznacher Baumschulbahn“ angekauft und Instand gesetzt wurde.


Garratt von Vorne
 


Garratt mit einer Diesellokomotive

NG / G13 / Narrow Gauge Garratt: Die Südafrikanische Staatsbahn (SAR/SAS) bestellten bei der Firma Hanomag in Hannover 12 Stück Dampflokomotiven der Baureihe NG/G13/Narrow Gauge Garratt um den steigenden Transport an Gütern und Personen besser bewältigen zu können. Die Firma Hanomag baute in den Jahren 1927 – 1928 für die oben genannte Bahnverwaltung die Schmalspurlokomotive. Diese Bauart von Lokomotive gelang der Firma und den Konstrukteuren so gut, dass verschiedene Unternehmen in Lizenzbauweise diese Lokomotive in geänderter Form (34 Stück) mit der Bezeichnung NG/G 16 bis in das Jahr 1968 fertigten und die Maschine auf vielen Bahnlinien im Einsatz sich befanden. Die Lokomotive der Bauart Garratt hat folgende Vorteile: grösste Dampflokomotive der Welt auf 600 mm Spurweite, einfacher, leistungsfähiger Dampfkessel, große Zugkraft, hervorragender Kurvenlauf, gute Gelenkbauart.

Die NG/G13/Narrow Garratt war auf den Strecken in der Provinz Natal und Umlaasroas – Nid Illovo im Einsatz. Zu Beginn der 80er Jahre wurde die Strecke Umlaasroas – Nid Illovo eingestellt und die Südafrikanische Staatsbahn schrieb die NG/G13 zum Verkauf aus. Der Verein Schinznacher Baumschulbahn ergriff die Gelegenheit und erwarb die Dampflokomotive. Ende Dezember 1985 trat die Lokomotive mit der Nummer 60 ihren Weg per Schiff in drei Flachcontainern verladen nach Europa an. Am 14. Februar 1986 wurde die Maschine auf die Schienen der Schinznacher Baumschulbahn gestellt. Der Verein realisierte in mühevoller Arbeit die Lokomotive. Nach 12 Jahren ( 16.Mai 1998 ) wurde die Maschine der Bevölkerung präsentiert und sogleich in Betrieb genommen. Sie trägt heute den Namen „Drakensberg“ der an das frühere Einsatzgebiet erinnert. Ziel des Vereins ist es Fahrzeuge der Spurweite 600 mm zu sammeln und zu restaurieren um sie so der Nachwelt zu erhalten. Das Bahnpersonal wird in Eigenregie geschult und ausgebildet. Die Zulauf AG ist das Rückgrad des Vereins, dies zeichnet sich vor allem durch die Großzügigkeit aus. Mit einer eigenen Bahnwerkstatt ist es dem Verein möglich, seine Fahrzeuge selber aufzuarbeiten. Dies erspart vor allen Kosten und Zeit. Die Mitglieder des Vereines verrichten Wartungen, Instandhaltungen sowie den Fahrbetrieb in Eigenregie.

Text: Franz Straka

Technische Daten
 

Achsfolge: 1C1 1C1h4t

Gewicht: ca 60 t

Baujahr: 1927

Spurweite: 600 mm

Hersteller: Hanomag ( D )

Fabriknummer: 10551

Zustand: Betriebsbereit

Herkunft: SAR/SAS Umlaasroad (SA)

Schinznach: seit 1996

 

Quelle: Verein Schinznacher Baumschulbahn

 
Verein:
Schinznacher Baumschulbahn
Postfach CH-5107 Schinznach – Dorf
Telefon: 056/463 62 82
Telefax: 056/463 62 00
E-mail: info@schbb.ch
Homepage: http://www.schbb.ch

 

Hans Rudi Lüthy-Pavan
Heinz Bircher
Franz Straka

Jänner 2007