Die Feldbahn Plöcking - Neuhaus - Donaulände bei Untermühl

Ein Bericht von Dipl.-Ing.(FH) Markus Müller und Franz Straka

Was haben der Linzer Dom, das Parlament und die Börse in Wien gemeinsam? Für ihren Bau wurde unter anderem der helle, fast weiße Granit aus dem Gebiet um Neuhaus - Plöcking im oberösterreichischen Mühlviertel verwendet. Im Gemeindegebiet von St. Martin im Mühlkreis, genauer gesagt im Ortsteil Plöcking, gab und gibt es auch heute noch eine Reihe von Steinbrüchen, in denen dieser helle Granit abgebaut wird. Nachdem sich die zunehmende Industrialisierung auch in diesem Bereich bemerkbar machte, musste man sich an leistungsfähigen Transportwegen orientieren, das war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch immer der Donaustrom, als bedeutendster schiffbarer Wasserweg auf dem Gebiet der österreichisch-ungarischen Monarchie.


Ansicht der Umladeanlage an der Waldsteinerlände bei Untermühl
Um 1869/70 wurde die „Neuhauser - Granitstein-Gewerkschaft A. u. E. Planck“ gegründet, die den Beginn einer rund 50 Jahre dauernden bedeutsamen Epoche für die dortige Granitindustrie einläutete. Das einzige Hindernis lag in einer kostengünstigen und effizienten Transportlösung der Steine (Pflastersteine, Steinquader) zur Donau, um dort auf einfache Ruderschiffe (die sog. „Plätten“) verladen zu werden, mit denen sie zu ihren Zielorten (hauptsächlich Linz, Wien und Budapest) gelangten.
Somit wurde noch im Jahre 1869 mit dem Bau einer schmalspurigen Feldbahn vom Schlagerbruch zur Donau begonnen, die wahrscheinlich schon ein Jahr später ihren Betrieb aufnahm. Um den Höhenunterschied (ca. 150 m) vom Schloss Neuhaus zur Verladestelle an der Donau zu überwinden, wurde eine Bremsberganlage errichtet. Als Hilfsmittel zur Umladung von der Feldbahn auf die Donauschiffe wurden zwei Verladekräne am unteren Ende des Bremsberges eingesetzt. Allerdings konnte der Bremser von seinem Arbeitsplatz im Bremshaus nahe dem Schloss Neuhaus nicht die ganze Strecke einsehen, was Eduard Planck dazu veranlasste, ein neues Projekt in Auftrag zu geben. Dieses sah eine Verlegung des Bremserhauses um ca. 30 Höhenmeter abwärts vor und war verbunden mit einer aufwändigen Trassierung der Zufahrtsstrecke, die über ein Viadukt und Spitzkehren zur Bergstation gelangte.

Ansicht der Talstation des Bremsberges

Zwischen den Gleisen erkennt man gut die Führungsrollen des Stahlseils
Dieser Bauvorschlag wurde in den Jahren 1873 – 1875 umgesetzt. Bereits 1885 musste der Viadukt saniert werden, da die verwendeten Ziegelsteine stark erneuerungsbedürftig waren. Man setzte stattdessen Steinquader ein, deren Verwendung bewährte sich, denn der Viadukt steht noch heute, mehr als 120 Jahre nach dessen Errichtung. Aber auch die restliche Strecke der Feldbahn war ständigen Ausbauten unterworfen. Unter der Leitung von Anton Poschacher wurden laufend weitere Steinbrüche in der Umgebung aufgeschlossen. Die maximale Ausdehnung der Bahnstrecke war um 1910 mit einer Streckenlänge von rund 10 km erreicht. Damals führte die Strecke bis zum Toni-Bruch.
Am Unterlauf der Großen Mühl wurde 1919 mit der Errichtung des Kraftwerks Partenstein begonnen.
Der Transport von Baumaterial erfolgte per Schiff zur Waldsteinerlände, dann mittels Rollwagen und Seilwinde über den Bremsberg, um schließlich mittels Feldbahn über den Maria-Luisenbruch hinaus auf einer neu angelegten Trasse zum Stollen Ramersberg zu gelangen. Zum Betrieb auf der Feldbahn wurden schließlich von der OÖ Wasserkraft- und Elektrizitätswerke AG drei benzin-elektrische Lokomotiven bei der Salzburger Firma Gebus bestellt. Diese wurden zwischen dem 09.11.1923 und dem 14.02.1924 mit den Fabriksnummern 8 – 10 geliefert.

Obwohl die Bremshütte nur ein Zweckbau war, wurde sie mit aufwendigen Holzschnitzereien verziert

Arbeitsalltag im Dombau-Bruch

Die Maschine mit der Nummer 9 wurde nach Beendigung der Arbeiten im Jahre 1924 von Anton Poschacher erworben, um für die Transporte im eigenen Netz verwendet zu werden. Bekannt ist bis heute noch die 1927 verfasste Betriebsordnung für die lokomotivbetriebene Werksbahn. Die letzten nachweisbaren Lieferungen über die Bremsbergstrecke zur Schiffsverladung an der Waldsteinerlände sind aus dem Jahr 1938 bekannt.

Während der Zeit des 2. Weltkrieges wurde die Bremsbergstrecke schließlich abgetragen. Innerhalb des Steinbruchs bewältigte die Feldbahn noch bis 1943 betriebliche Transportaufgaben, wurde aber nach und nach durch Lastkraftwagen verdrängt. Die Demontage der Gleisanlagen erfolgte schließlich 1953. Die Gebus-Maschine ist leider nicht erhalten geblieben, sie fand den Weg allen alten Eisens. Danach gingen die Lieferungen mittels Lastkraftwagen zum Bahnhof Neuhaus -Niederwaldkirchen an der Mühlkreisbahn, wo sie auf Waggons der Normalspurbahn verladen wurden.

 


Werkhütte im Schindelberger-Bruch: Am rechten Bildrand ist ein von einem Pferd gezogener Feldbahnwagen erkennbar

Technische Daten der Strecke
 

Spurweite: 948 mm (3 Wiener Schuh)
Streckenlänge: ca. 10 km
Höhenunterschied: 182 m
Höchstgeschwindigkeit: 8 km/h
Tragfähigkeit der Waggons: 6000 kg
Traktion: bis 1924 Pferdezug, danach Einsatz der Gebus-Lokomotive

Bremsberg:

Höhenunterschied: 116 m
Durchschittsgefälle:
430 ‰
Durchmesser der Seiltrommel:
2,6 m Seildurchmesser: 30 mm

 
Technische Daten der vierachsigen Gebus-Lokomotive
 

Bestelldatum: 15.09.1923
Besteller: OÖ Wasserkraft & El. AG
Lieferdatum: 23.11.1923
Fabriknummer: 9
Type: Go 6012
Antriebsart: benzin-elektrisch
Bauart: zwei zweiachsige Drehgestelle,
Kraftübertragung erfolgte vom Elektromotor (220 V DC) zu den Achsen über Rollenketten
Höchstgeschwindigkeit: 8 km/h
Motorleistung:
12 PS

 


Die Abbildung zeigt eine ähnliche Lokomotive, wie sie bei der Feldbahn Plöcking eingesetzt war, allerdings noch ohne Benzinmotor (aus der Schriftenreihe des Landespressebüros Salzburg, Serie Sonderpublikationen, Nr. 127, Genehmigung durch das Pressebüro des Landes Salzburg)

 
Die Strecke der Feldbahn heute
 

Der Feldbahnwanderweg auf der ehemaligen Trasse

Heute ist ein Teil der Trasse vom ehemaligen Herrenhaus in Plöcking bis zum Schloss Neuhaus im Rahmen des Feldbahnwanderwegs begehbar. Dieser ist gut beschildert und es finden sich einige Hinweistafeln, die dem Besucher die Geschichte der Bahn näher bringen.
Ausganspunkt des Wanderwegs ist der Ort Untermühl, der direkt an der Donau liegt. Von dort geht es entlang der großen Mühl zum Speicherkraftwerk Partenstein, auf dessen Bau bereits in diesem Artikel eingegangen wurde. Nach und nach steigt der Weg, ehe man den Wald durchquert und die sogenannte "Erlebniswelt Granit" erreicht. Hier findet sich neben der Granit-Arena auch ein geologischer Lehrpfad, der dem Besucher die verschiedenen Gesteine erläutert, die in Österreich vorkommen.

Ab hier verläuft der Wanderweg auf der Trasse der Feldbahn. Kurz nachdem man die Straße Plöcking - Untermühl quert, folgt eine kleine Brücke, mittels der die Feldbahn einst den Hausbach übersetzt hat. Es geht stetig bergab, links des Weges stehen zwei Hunte, die jedoch keinen Bezug zur Bahn haben. Nach wenigen hundert Metern ist das Gelände von Schloss Neuhaus erreicht. Von nun an gestaltete sich der Verlauf der Feldbahntrasse interessant. Der Richtung Westen abbiegende Wanderweg führt an zwei Brückenfundamenten der südwärts verlaufenden Feldbahn vorbei.

 


Der steinerne Viadukt befindet sich noch in recht gutem Zustand


Trassenverlauf durch den Burggraben

Südostwärts des Schlosses befinden sich auch der Viadukt, Fundamentreste des ehemaligen Bremshauses sowie die Spitzkehrenanlage, welche als Industriedenkmäler von der einstigen Bedeutung der Bahn zeugen. Die Bremsbergtrasse ist ebenfalls noch sichtbar, ein Begehen ist aber aufgrund des dichten Bewuchses und des großen Gefälles nicht anzuraten. Vom ehemaligen Verladeplatz an der Donau ist nichts mehr zu sehen, da das Gelände nach Fertigstellung des Donaukraftwerks Aschach geflutet wurde. Das untere Ende des Bremsbergs ist über einen von Untermühl ausgehenden, entlang der Donau verlaufenden Wanderweg zu erreichen. Gutes Schuhwerk ist für dessen Begehung empfehlenswert.

 

Informationen zum Feldbahnwanderweg erhalten Sie beim Tourismusverband St. Martin im Mühlkreis:

A-4113 St. Martin im Mühlkreis
Telefon 07232/2105
http://www.tiscover.com/st.martin.muehlkreis
e-mail: st.martin@upperaustria.or.at

 

 


Fundamentreste beim ehemaligen Bremshaus

 

Wir möchten uns bedanken bei:

Herrn Josef Stummer für die Zurverfügungstellung der historischen Unterlagen und Fotos (diese stammen vom Linzer Fotographen A. Red aus den Jahren 1872/73)
Herrn Erwin Reischl für die freundliche Unterstützung
Frau Mag. Gerda Koller von der wissenschaftlichen Abteilung der Österreichischen Nationalbibliothek für die Recherche bezüglich der Ringstraßenbauten
Pressebüro des Landes Salzburg für die Genehmigung zur Veröffentlichung des Bildes aus der Schriftenreihe des Landespressebüro, Serie Sonderpublikationen, Nr. 127
 

Quellen:

Archivmaterial von Herrn Josef Stummer

Folder des Wanderwegs "Feldbahn", erhältlich beim Tourismusverband St. Martin im Mühlkreis

Die Steine der Wiener Ringstraße
Autor: Alois Kieslinger, Elfriede Mejchar
Verlag: Steiner, Wiesbaden 1972

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Dipl.-Ing.(FH) Markus Müller
Franz Straka

August 2006