Oberweißbacher Bergbahn

Von Franz Straka und Günter Kretzschmar


Quelle: Oberweißbacher Bergbahn
Im Thüringer Wald verkehrt eine außergewöhnliche Standseilbahn die an der Eisenbahnstrecke Rottenbach-Katzhütte im Schwarzatal liegt. Die Bergbahn ist eine Verbindung zwischen Talstrecke (Spurweite 1435 mm) und der Hochebenen Strecke (Spurweite 1435 mm). Die drei Teilstücke werden von einem Tochterunternehmen der DB-AG betrieben. Wir wollen hiermit eine Bergbahn beschreiben welche für Manche ein Geheimtipp ist oder noch werden soll.
Mit ihrer Spurweite von 1800 mm ist sie die einzige Breitspurbahn Deutschlands und überwindet einen Höhenunterschied von 323 m mit einer fast konstanten Steigung von 1: 4. 
Die Besonderheit dieser Bahn ist, dass auf der Standseilbahn nicht nur ein Personenwagen verkehrt, sondern es gibt auch  eine Güterbühne auf der man von der Talstrecke kommende normalspurige Eisenbahnfahrzeuge verladen und weiter auf die Hochebene befördern kann.
1923, dafür ist diese Bahn gebaut: Gütertransport

Der Wagen wird auf die Güterbühne gezogen, dort befestigt und das Ganze mit einem Seil (wie es bei den Standseilbahnen üblich ist) bergwärts gezogen, wobei sich der Personenwagen der am Berg sich befindet Talwärts rollt. Bei der Ausweiche begegnen sich die beiden ohne anzuhalten. Dies wird heute vor allem dann genützt, wenn ein Triebwagen auf der Hochebene zur Reparatur nach Saalfeld oder Erfurt muss.

Nun werden wir die Geschichte der Oberweißbacher Bergbahn näher erläutern und die Hintergründe beschreiben wie es zu dieser Standseilbahn kam.
Erst Anfang des 20. Jahrhundert wurde der Thüringer Wald eisenbahnmäßig erschlossen. Damit hatten die Gemeinden im Tal einen “Anschluss an die weite Welt“. Doch die Dörfer auf der Hochebene mussten weiter die Strapazen auf sich nehmen die Waren und Bedarfsgüter durch Ochsen und Pferdefuhrwerke auf die Hochebene zu bringen. 
ca.1924, am Wochenende werden Personenwagen aufgesetzt um den Andrang zu bewältigen.
Da dies große wirtschaftliche Nachteile zur Folge hatte, kämpften die Gemeinden um einen Bahnanschluss. 1919 beauftragten die Berggemeinden die Mitteldeutsche Eisenbahn-Bau- und Betriebsgesellschaft mit den Vorbereitungen zur Gründung und Finanzierung einer Oberweißbacher Bergbahn AG. Gleichzeitig wandte man sich an die Eisenbahndirektion Erfurt mit der Bitte um technischen Unterstützung. 
So kam Dr. Ing. Wolfgang Bäseler (1888-1984) zu der Aufgabe eine Bahnverbindung zu schaffen. Er hatte Erfahrung im Eisenbahnwesen, da er bereits beim Bahnbau nach Neuhaus/Rwg (1912/13) mitwirkte. 
Neben anderen, letzendlich zu teureren Varianten hatte er die folgende Idee: Man teilte die Bahn in eine Bergbahn und in eine Bahn auf der Hochebenen wo alle Gemeinden versorgt wurden. Er erarbeitete die Pläne für Trassen und auch Standseilbahn- komponenten und übernahm auch  die Leitung diese Idee in die Praxis umzusetzten. Da es nach dem 1. Weltkrieg sehr viele Arbeitslose gab, fand das Projekt grossen Zuspruch bei der Bevölkerung.
Der Personenwagen in der Ursprungsausführung.
1920 wurde mit dem Bau der Bahn nach Vorbildern der Schweizer Bergbahnen begonnen wobei es im Alpenland bereits an die 50 Bergbahnen gab. Vorrangig war der Bau der Bahn für den Lastentransport ausgerichtet und nicht wie bei den Schweizer Bahnen für den Tourismus. Allerdings räumte Dr. Bäseler der Möglichkeit, dass sich Tourismus entwickeln könnte, ebenfalls eine Möglichkeit ein und besetzte das eine Ende des Seiles mit einem Personenwagen. Zu damaligen Zeiten hatte sich in Schwarzburg der Tourismus bereits gut entwickelt, so dass die als steilste Bahn der Welt  für den Transport normalspuriger Eisenbahnwagen beworbene Bahn den Fremdenverkehr auch zur Bergbahn locken sollte. 
Die Betriebsweise ergab sich aus der Konstruktion, dass beide Wagen an einem Seil hängen. Wenn der Wagen der im Tal stand anfuhr, jener am Berg sich einfach talwärts bewegte und die zwei Waggons in der Ausweiche aneinander vorbei mussten.

Die Bergbahn heute - Personenwagen und Güterbühne mit Aufsatzwagen an der Ausweiche.
Die Weichen wollte man nach dem Schweizer Eisenbahnpionier Roman Abt ausführen. Diese Weichen sind nicht beweglich und der Waggon hatt auf der Außenseite ein Rad mit zwei Spurkränzen welche es immer auf der einen Schiene halten. Das andere Rad hat keinen Spurkranz und ist eine etwa 30 cm breite Walze. Bei beiden Wagen ist die Anordnung der Achsen entgegengesetzt, so dass jeder Wagen eine Schiene zur Führung hat (darum ist es kein Problem in der Ausweiche aneinander vorbei zu fahren). Der Bau der Bergbahn fiel mitten in die Inflation, wodurch es fast unmöglich schien, den Bau zu vollenden. 
Da half das entschlossene Handeln der Anliegergemeinden, die ein eigenes Notgeld herausgaben. 1921 wurde mit dem Notgeld der Anliegergemeinden bezahlt, auf denen man Bergbahn – Bauarbeiter auf die Scheine aufgedruckte. Dieses Notgeld hatte den Vorteil, dass die Leute das Geld in den Gemeinden ließen und Sie mussten alles vor Ort erwerben, was Sie für den täglichen Bedarf brauchten. So konnte weitergebaut und am 8. Februar 1922 zunächst die Bahn für den Güterverkehr frei gegeben werden, um Einnahmen für die weitere Finanzierung zu erhalten. Ein Jahr später (März 1923) wurde die Bahn auch für den Personenverkehr eröffnet. 1935 machte die Deutsche Reichsbahn Gesellschaft Werbung für Sonderzüge die besonders preiswert waren und damit auf die Möglichkeit aufmerksam die Oberweißbacher Bergbahn zu benützen um diese einmalige Bergbahn zu erleben.

Der Personenwagen
Am 1. April 1949 übernahm die Deutsche Reichsbahn die Oberweißbacher Bergbahn und verwaltet sie. 1959 zu 1960 wurde der Personenwagen durch die Reparaturwerkstatt Gotha der Mitropa vor Ort umgebaut, wo er ein neues Gesicht bekam ( Oberlichtenfenster an der Stirnseite). Heute würde man sagen ein grosses Panoramafenster und die Türen wurden ersetzt und breitere Falttüren die das Aus- und Einsteigen erleichtern sollten eingebaut.
1993 im Mai feierte die Bergbahn ihren 70. Geburtstag. Zu diesem Zeitpunkt gehörte sie zur Deutschen Reichsbahn. 1994 wurden die Deutsche Reichsbahn und die Deutsche Bundesbahn vereinigt zum Unternehmen „Deutsche Bahn“. 1998 feierte man das 75-jährige Bestehen der Bergbahn, wo ein geschmückter Aufsetzwagen für die Besucher bereitstand und zugleich wurde dieser Waggon als Werbeträger genützt. Ende 2001 war das letzte Mal vor den Umbauarbeiten ein Maschinist in der Bergstation anwesend.
2002 war ein besonderes Jahr. Die Bergbahn und die seit zwei Jahren stillgelegte Schwarzatalbahn wurden aus der Deutschen Bahn ausgegliedert und eines der vier Netze der neu gegründeten DB Regio Netz GmbH. 
Von da ab sind beide Bahnen als weitgehend eigenständiges Unternehmen „Oberweißbacher Berg- und Schwarzatalbahn“ aktiv. Das war eine Vorausetzung um  diverse Umbau- und Sanierungsarbeiten an der Bergstrecke in Angriff zu nehmen. Das Maschinenhaus wurde komplett erneuert und man installierte eine neue Antriebsanlage.
Der Wagenkasten des Personenwagen und der Aufsetzwagen wurden in Mittenwalde aufgearbeitet, die Fahrgestelle in Thun. (Schweiz) Die Bergbahn stellte den Betrieb für diese Zeit ein. 
Erst am 14. Dezember 2002 war der grosse Tag der Wiedereröffnung der erneuerten und revitalisierten Bahn. Bei Sonnenschein in einer wunderbaren Schneelandschaft präsentierten sich beide Waggons im neuen Glanz. 

Güterbühne mit Aufsatzwagen an der Bergstation
Die Sicherheitsrichtlinien wurden auf den letzten Stand gebracht, und man braucht keine Angst haben, da eine Sicherheitsbremse vorhanden ist die Aktiviert wird wenn das Seil reißt oder durchhängt. Das Seil hat 8-fache Sicherheit, das heißt es hält 8-mal mehr aus als für den Normalbetrieb erforderlich ist. Bei der neuen Technik wird die Bremsenergie wieder in Strom verwandelt und in das Netz gespeist. Heute wird der Waggon der Bergbahn von einem Maschinisten gesteuert, der sich im Wagen befindet. Alle Fahrzeuge der Bergbahn sind per Funk miteinander verbunden.

Der Aufsetzwagen und der Personenwagen erhalten in den Stationen Strom von einer Stromschiene die seitlich an den Bahnsteigen angebracht ist, die Batterien werden dadurch geladen, und man kann die Zusatzeinrichtungen betreiben (Wagenbeleuchtung, Anzeigen, ect..). 
Wenn man Güterwagen oder andere Fahrzeuge auf der Güterbühne befördert, werden diese im Tal über eine Drehscheibe verladen. In der Bergstation werden diese ebenfalls auf eine Drehscheibe geschoben und für den Weitertransport in die richtige Position gebracht. 

Zwei Triebwagen der BR 479 an der Endstation der Flachstrecke in Cursdorf
So wurden die Gemeinden Lichtenhain, Oberweißbach, Deesbach und Cursdorf jahrelang von der Bahn versorgt. 1966 wurde der planmäßige Gütertransport eingestellt. Dieser flache Teil der Bergbahn ist nur 2,5 km lang und war doch wirtschaftlich für die Hochebene von grosser Bedeutung. 

Technische Daten

Spurweite: 1800 mm
Länge: 1,4 km
Höhenunterschied: 323 m
Neigung durchschnittlich: 23,9 %
Neigung maximal: 25 %
Länge: 1380 m (im Personenverkehr)
Seilstärke: 40 mm Durchmesser und besteht aus 6 Litzen a 25 Drähte (Gleichschlagseil)
Seilrollen: 119 Gerade und 99 Schräge Rollen sowie 31 Kunststoff Gleitstücke
Neue Anlage:  2002 von der Schweizer Spezialfirma Doppelmayer
Motor: 2 x 110 kW Drehstrommotor-Asynchronmotoren
Güterbühne: 25 t, max.  Zuladung 27 t
Personenwagen: 26 t, Länge 9,66 m und Breite 4,00 m

Internetseite. www.oberweissbacher-bergbahn.com
Wir möchten uns bei Herrn Günter Kretzschmar und Herrn Steffen Geipert für die freundliche Unterstützung bedanken.

Quelle der Fotos:
G. Kretzschmar, Szyszka,  M. Kurt, 

Buch Tipp:
Oberweißbacher Berg- und Schwarztalbahn

Bergbahn – Technik und Betrieb, Wie funktioniert den das? 
ISBN 3-935961-04-9 geheftet 36 Seiten
Verlag Barteld  e-mail: info@barteld-verlag.de

Oberweißbacher Berg- und Schwarzatalbahn
Bergbahnen-Zeiten - eine Reise in Bildern 
ISBN 3-935961-03-0 gebunden 56 Seiten
Verlag Barteld  e-mail: info@barteld-verlag.de

Die Oberweißbacher Bergbahn
ISBN 3-88255-433-9  Buch 149 Seiten
Verlag Eisenbahnkurier/Kurth Michael

Ausflugsziele:
Die Porzellanmanufaktur/Malerei in Sitzendorf, Glasbläsereien, ein Paradies für jeden Wanderer, ect.

                                                       Franz Straka
Günter Kretzschmar
August 2005