DIE HÖLLENTALBAHN

Die Höllentalbahn / Lokalbahn Payerbach - Hirschwang  L.B.P.-H.

Ein Bericht von Dipl.-Ing.(FH) Markus Müller

Umringt von Semmering, Rax und Schneeberg liegt im südlichen Niederösterreich das Höllental, das seinen Namen der wild zerklüfteten Gebirgslandschaft verdankt. Dort wo sich das von der Schwarza durchflossene Tal verbreitert, liegt der Ort Hirschwang, dessen wichtigster Industriebetrieb um die Jahrhundertwende ein Holzschleifereiwerk der Firma Schoeller & Co. war.

Im Jahre 1916, also mitten im 1. Weltkrieg suchte die Firma Schoeller & Co. um Bewilligung zum Bau einer Materialbahn vom Bahnhof Payerbach – Reichenau an der Semmeringbahn, die 2004 ihr 150 - jähriges Bestehen feierte, zum ca. 5 km entfernten Ort Hirschwang an. Diese Materialbahn war als schmalspuriges Provisorium gedacht und hätte später durch eine normalspurige Anschlussbahn ersetzt werden sollen, wozu es aber nie gekommen ist.

Die Bauausführung der Strecke wurde an die Firma Redlich & Berger übertragen, die in den Jahren 1901 bis 1906 mit dem Bau des Karawankentunnels beauftragt war. Von dort stammen auch die drei kleinen Elektrolokomotiven, geliefert von Siemens - Schuckert, die die Traktion auf der Lokalbahn Payerbach – Hirschwang über Jahrzehnte prägten. Auch heute noch, nach mehr als 100 Jahren, wird noch eine dieser Lokomotiven im planmäßigen Museums-verkehr eingesetzt.
Ein Bild aus der Anfangszeit des Personenverkehrs
Am 7. Februar 1918 nahm die elektrisch betriebene Materialbahn mit einer Spurweite von 760 mm ihren Betrieb auf. Der Mindestradius der Bahn betrug damals 40 m, die maximale Steigung 50 und als Besonderheit wies die Strecke zwei Spitzkehren auf, um den Artzberg bei Reichenau zu überwinden. Währenddessen arbeitete man an der Trassierung der Normalspurbahn. Das größte Projekt dabei war, einen Tunnel durch den Artzberg zu bauen, um sich die Überwindung desselben zu ersparen. Der Sohlstollen wurde zwar über die gesamte Länge hergestellt, jedoch kam es zu Kriegsende zur Einstellung der Arbeiten und der Tunnel wurde nie fertiggestellt. Auch wurde zu Kriegsende der Verkehr auf der Materialbahn eingestellt, doch diese erhielt am 19.Jänner 1919 wieder eine befristete Konzession für den Betrieb.
Im Jahre 1920 wurde die Holzschleiferei in Hirschwang von der Neusiedler AG übernommen und in eine Papierfabrik nach dem damaligen Stand der Technik umgebaut. Nochmals wurde über den Bau einer Normalspurbahn nachgedacht, jedoch hat man sich aufgrund der hohen Kosten für eine gut ausgebaute schmalspurige Lokalbahn entschieden, was zum Auflassen der Spitzkehren am Artzberg und zur einer Minimierung der Steigung führte.
Der Triebwagen 2 auf der Fahrt durch Hirschwang
Am 17.November 1922 erhielt die Lokalbahn Payerbach – Hirschwang ( LBP-H ) die Konzession für die notwendigen Arbeiten, die man sobald als möglich in Angriff nahm.
Mit zwei Elektrotriebwagen und vier Beiwagen, die von der Grazer Waggonfabrik hergestellt wurden, nahm man am 1.September 1926 der Personenverkehr auf, um Touristen zur 1. Seilschwebebahn Österreichs, die im selben Jahr auf die Rax eröffnet wurde, zu befördern. Um den Fahrgästen einen längeren Fußweg zu ersparen, wurde 1927 die Strecke in Hirschwang um ca. 850 m zu der nahe der Talstation der Raxseilbahn gelegenen Windbrücke verlängert. Zur gleichen Zeit erweiterte man die Gleisanlage im Bahnhof Payerbach, um den Reisenden den Umstieg von der Südbahn
auf die Lokalbahn zu erleichtern.
Die Güterzüge wurden weiterhin mit den kleinen E – Loks und einfachen Güterwaggons, die größtenteils noch Holzrahmen aufwiesen, geführt. Am Fahrzeugpark änderte sich in den folgenden Jahren bis zum 2. Weltkrieg wenig, sieht man von der Beschaffung einer Werksverschublok für die Papierfabrik in Hirschwang ab, es gab jedoch Projekte für neue Güterzugslokomotiven und für die Einführung des Rollwagenverkehrs. Durch den nach dem 2.Weltkrieg stetig wachsenden Straßenverkehr kam es insbesondere in Hirschwang immer wieder zu Kollisionen zwischen Lokalbahnzügen und Straßenfahrzeugen.
Auch die LBP-H blieb von der in der Nachkriegszeit einsetzenden Einstellungswelle von Nebenbahnen nicht verschont. Um den Personenverkehr weiterhin aufrechterhalten zu können, schrieb die Eisenbahnaufsichtsbehörde Investitionen in die Infrastruktur vor, was aufgrund der hohen Kosten aber nicht geschah. Somit wurde der Personenverkehr am 1.Juli 1963 eingestellt, die Trieb- und Beiwagen wurden 1964 an die Zillertalbahn verkauft. 
Am 12.10.1950 kam es in Hirschwang zu einer Kollision zwischen einem LKW und einem Güterzug
Während die Beiwagen noch längere Jahre im dortigen Personenverkehr eingesetzt wurden, wrackte man die Triebwagen ab und baute sie zu Flachwagen um.
Der Zustand der Fahrleitung verschlechterte sich zusehends und so sah man sich in den 70er Jahren dazu gezwungen, eine Diesellok, wenige Jahre später noch eine zweite anzuschaffen, um den regelmäßigen Güterverkehr weiterhin betreiben zu können. Beide Dieselloks zählen zur Type HF 130 C, die während des 2.Weltkriegs in großer Stückzahl für die Heeresfeldbahn gebaut wurde und nach dem Krieg in zahlreichen Betrieben als Werkbahnloks Verwendung fanden.
Gerade in jener Zeit, als der Verfall der Strecke immer weiter fortzuschreiten schien, konstituierte sich aus einer Gruppe von Eisenbahnfreunden die Österreichische Gesellschaft für Lokalbahnen (ÖGLB), die das Ziel hatte, die Strecke zu erhalten und einen regelmäßigen Museumsbahnbetrieb einzurichten.
Im Jahre 1976 fuhr der erste, vereinseigene Zug der ÖGLB, bestehend aus der Diesellok Nr. 4, die früher auf der Waldbahn Reichraming ihren Dienst tat und zwei kleinen ehemaligen Werkspersonenwagen der Schoeller – Bleckmann Stahlwerke aus Hönigsberg (Steiermark).
Nachdem dringend notwendige Instandhaltungsarbeiten an der Strecke und an den Fahrzeugen durchgeführt wurden, konnte im Juni 1979 der Museumsverkehr mit der zweiachsigen Dampflok „Floriana“, die vom Stahlwerk Judenburg erworben wurde und einer aufgearbeiteten originalen E-Lok der LBP-H aufgenommen werden.
Während der Fahrzeugpark der ÖGLB stetig wuchs, folgte für den planmäßigen Güterverkehr am 11. August 1982 das absehbare Ende, doch der weitere Museumsverkehr war durch einen Pachtvertrag mit dem Eigentümer der Strecke gewährleistet.
So sahen die Züge zu Beginn des planmäßigen Museumsverkehrs im Jahre 1979 aus
Nach Einstellung des Güterverkehrs auf der Lokalbahn beförderten die Österreichischen Bundesbahnen noch bis Anfang der 90er Jahre Normalspurgüterwagen mittels Straßenroller in das Werksgelände der Papierfabrik nach Hirschwang, aber auch diese Betriebsform erschien schließlich unrentabel und wurde aufgelassen.
Nur durch die unermüdliche und unentgeltliche Arbeit der Vereinsmitglieder konnten Strecke und Fahrzeuge in den letzten Jahren in Schuss gehalten werden. Auch der große Wunsch, einen der beiden Triebwagen betriebsfähig herzurichten, ist mittlerweile in Erfüllung gegangen, obwohl man hier eher von einem Neubau sprechen muss.
Nebenbei wird von der Österreichischen Gesellschaft für Lokalbahnen das Teilstück der Ybbstalbahn von Lunz am See nach Kienberg – Gaming betrieben, die sogenannte Ybbstalbahn – Bergstrecke, die für ihre Trestleworkbrücken bekannt ist.
Im Personenverkehr eingesetzte Triebfahrzeuge:

Diesellok V2 (Type HF 130 C):

Hersteller: Windhoff AG, Rheine / Deutschland
Baujahr:                   
            1943
Achsfolge:                           C
Leistung: ursprünglich 130 PS, durch anderen Motor 200 PS
Fahrzeugmasse:                16,5 t

Lokomotive E 1:

Hersteller:  
Elektrischer Teil: Siemens - Schuckert, Wien

Mechanischer Teil: Brand – Lhuillier, Brünn

Baujahr:                              1903
Achsfolge:                           Bo
Leistung:                             2 x 24 PS
Fahrzeugmasse:               9 t

Triebwagen 1:

Hersteller:
Elektrischer Teil: Siemens – Schuckert, Wien
Mechanischer Teil: Grazer – Waggonfabrik

Baujahr:                               1926 
(Die Rekonstruktion erfolgte in den Jahren 1999 – 2004 unter Verwendung von Originalteilen)
Achsfolge:                             Bo´ Bo´
Leistung:                               4 x 38 PS
Fahrzeugmasse:
                  18,5 t
Daten zu dieser Strecke:

Spurweite: 760 mm
Mindestradius: 60 m
Maximalsteigung: 25
Ursprüngliche Streckenlänge: 6,1 km (heute: 5,3 km; Eine Verlängerung der Strecke in Hirschwang ist geplant)
Fahrleitungsspannung: 500 V DC
Aufnahme des Personenverkehrs: 1.September 1926
Einstellung des Personenverkehrs: 1.Juli 1963

Weiterführende Literatur:

Schmalspurig durch Österreich       ISBN 3-85416-095-X  Krobot, Slezak, Sternhart

Die folgenden Broschüren können bei der ÖGLB bezogen werden:

Die Lokalbahn (LBP-H) und die Museumseisenbahn Payerbach – Hirschwang
Werner Schiendl, Hans Strobl

Die Fahrzeuge der Lokalbahn und der Museumseisenbahn Payerbach – Hirschwang
Helmut Bribitzer, Werner Schiendl

Die Fahrzeuge der Österreichischen Gesellschaft für Lokalbahnen (ÖGLB)
Werner Schiendl

 
Kontaktadressen:
http://www.erlebnisbahn.at/hoellentalbahn 

E-Mail: oeglb@erlebnisbahn.at

Tourismusbüro Payerbach:
Tel.: ++43 2666 / 52423-12
Mo-Fr: 8-12 und 14-17 Uhr, Sa 8-12 Uhr
Tourismusbüro im Gemeindeamt Reichenau:
Tel.: ++43 2666 / 52 8 65
Mo-Fr: 9-12 und 15-17 Uhr, Sa: 9-12 Uhr


Bericht: Markus Müller

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