Eisenbahnen auf der Urlaubsinsel Mallorca

Dipl.-Ing.(FH) Markus Müller und Franz Straka

Mallorca ist die größte der im Mittelmeer gelegenen Baleareninseln und ein Dorado für erholungssuchende Urlauber. Bereits der österreichische Erzherzog Ludwig Salvator, der britische Schriftsteller Robert Graves und andere Berühmtheiten der Weltgeschichte zogen die Insel aufgrund ihres warmen Klimas gegenüber anderen Regionen Europas vor. Heute ist der Tourismus die Haupteinnahmequelle der Bewohner Mallorcas und so wundert es nicht, wenn Jahr für Jahr zahlreiche Urlauber die Mittelmeerinsel besuchen. Doch abseits von Sandstränden und Ballermann hat die Insel auch für Eisenbahnfreunde einiges zu bieten.

Heute existieren noch zwei Eisenbahnunternehmen: die Ferrocarriles de Sóller, die eine Eisenbahn von Palma nach Sóller und eine daran anschließende Straßenbahn nach Port de Sóller betreibt.

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Sowohl die Strecke Palma – Sóller, deren Zugsgarnituren im Volksmund als "Roter Pfeil" bezeichnet werden, als auch die Straßenbahn besitzen eine Spurweite von 914 mm, dies entspricht einem englischen Yard. Unabhängig davon existiert ein ebenfalls von Palma ausgehendes Streckennetz, das eine Spurweite von 1000 mm aufweist und eine Verbindung zu den größeren Orten im Zentrum der Insel herstellt. Diese Strecken werden von der Gesellschaft tib (transports de les Illes Balears) mit modernen Zugsgarnituren betrieben und dienen dem Nahverkehr.
   
   
Die Strecke Palma – Sóller (Der Rote Pfeil)
Spurweite 914 mm
   
1907 begann man mit dem Bau der wohl interessantesten Strecke auf der Insel, die im Jahre 1912 eröffnet wurde. Der Initiator des Eisenbahnbaues war Jeroni Estades, der eine günstige Verkehrsanbindung herstellen wollte, damit der Handel zwischen Sóller und der Hauptstadt Palma aufblühen konnte. Sóller, das in dem vom Tramuntanagebirge umgebenen Talkessel liegt, war bis zu diesem Zeitpunkt am günstigsten mit dem Schiff zu erreichen, da die Straßenverbindungen noch nicht sehr gut ausgebaut waren.
Der Triebwagen 2 der Linie Palma - Sóller
 
Da sehr viele Bewohner Sóllers vom Handel lebten, waren sie rasch für den Bahnbau zu gewinnen und so wurde das notwendige Kapital in Form einer Aktiengesellschaft aufgebracht. Der Bahnbau gestaltete sich sehr kostspielig, da viele Viadukte und Tunnels gebaut werden mussten, unter ihnen auch der 2857 m lange "Tunel Major". Wenn man die Streckenführung und die Bauwerke der rund 28 km langen Eisenbahnlinie mit jener der Mariazellerbahn in Österreich vergleicht, so findet man sehr viele Parallelen, wie etwa die Verwendung von Kehrschleifen, mit denen die Bahn an Höhe gewinnt. Die Spurweite der Strecke wurde auf 914 mm festgelegt, da alle anderen auf der Insel in Betrieb stehenden Strecken das selbe Maß aufwiesen.
Von Eröffnungsbeginn bis 1929 wurde der gesamte Betrieb mit Dampfloks abgewickelt. In diesem Jahr wurde nach einer dreijährigen Umbauzeit der elektrische Betrieb auf der Gesamtstrecke zwischen Palma und Sóller aufgenommen. Die Firma Siemens - Schuckert lieferte den elektrischen Teil für die die vier bis heute eingesetzten vierachsigen Triebwagen. Diese sind rotbraun lackiert und so bekam die Bahn von den Reisenden bald den Spitznamen "Roter Blitz" auferlegt.
 
Blick auf den Bahnhof von Sóller
Nach der erfolgten Elektrifizierung wurden die bisher verwendeten Dampflokomotiven an die Ferrocarriles de Mallorca verkauft, die sie weiterhin auf ihrem ausgedehnten Streckennetz einsetzten. Durch den zunehmenden Verkehr auf den bereits gut ausgebauten Straßen verlagerte sich der Güterverkehr immer mehr auf Lastkraftwagen, was letzlich 1973 zur gänzlichen Auflassung der Güterbeförderung durch die Bahn führte. Gegensätzlich dazu stiegen die Fahrgastzahlen, bedingt durch den aufkommenden Tourismus.

Heute zählt eine Fahrt mit dem "Roten Blitz" zu einer willkommenen Attraktion, die den Besuchern Mallorcas geboten wird. Bei Durchsicht des Fahrplanes erscheint die Anzahl der planmäßigen Züge eher gering, doch es werden meistens noch ein mal so viele für Reisegruppen in Verkehr gesetzt. Die Zugsgarnituren bestehen in der Regel aus 4 bis 5 vierachsigen Personenwaggons der 2.Klasse, die in den Jahren 1965 – 1997 umgebaut wurden , einem Gepäckwagen, und einem der Triebwagen 1 bis 4, die auch ein Abteil der 1. Klasse besitzen.

Der abfahrbereite Zug im Bahnhof von Palma
 
Besonders großer Beliebtheit bei den Fahrgästen erfreut sich der sogenannte "Tren Turístico", der einen zusätzlichen Halt am Aussichtspunkt Pujol d´en Banya einlegt, von dem man einen wunderbaren Ausblick über den Talkessel von Sóller hat.
Die Lizenz der Ferrocarril de Sóller läuft im Jahr 2006 aus und so bleibt zu hoffen, dass diese verlängert wird und der Zug noch viele Jahre lang Touristen in das für seine Orangen- und Zitronenplantagen bekannte Tal von Sóller bringt.
 
Der Zug auf einem der zahlreichen Viadukte
   
Eine Fahrt mit dem Tren de Sóller

 

 

Ausgangspunkt ist der Bahnhof von Palma, der im Stadzentrum, gegenüber der Station der Bahnstrecke in Richtung Sa Pobla und Manacor liegt. Nachdem der Zug das Bahnhofsareal verlassen hat, fährt er entlang der Straße Eusebi Estada durch die Vororte der Inselhauptstadt, um bereits nach wenigen Kilometern die Station Son Sardina zu erreichen, die im Bedarfsfall für Zugkreuzungen verwendet werden kann.

Weiter geht es durch die ebene Landschaft, vorbei an den Plantagen, mit ihren Mandel- und Olivenbäumen und an einfachen Haltestellen, an denen nur wenige Züge halten. Das Terrain wird nun etwas hügeliger und schon bald hält der Zug im Bahnhof von Bunyola, in dem die planmäßigen Zugskreuzungen stattfinden. Schon bald nach der Station folgen die ersten beiden Tunnel und wenig später wird der 2857 m lange "Tunel Major" durchfahren, in dem der höchste Punkt der Strecke liegt.
Viadukte und Tunnel wechseln einander ab und schließlich wird der bereits erwähnte Aussichtspunkt Pujol d´en Banya erreicht, der ebenfalls eine Ausweichgleis besitzt. Es folgen der fünfbogige Steinviadukt "Cinc Ponts" und der mehr als 500 m lange Tunnel "Cinc Cents" und danach zwei Kehrschleifen, mit denen sich die Bahn ins Tal hinabwindet.
Nun ist der Endbahnhof Sóller erreicht, der durch sein markantes Bahnhofsgebäude auffällt, einem aus dem 17. Jahrhundert stammenden Herrenhaus, welches zwischen 1911 und 1912 den Ansprüchen der Bahn angepasst wurde. Weiters findet man hier die Werkstättenanlagen der Bahn und die Fahrzeugschuppen des "Tren de Sóller" und der vom Bahnhof ausgehenden Straßenbahn zum Hafen.
 
Technische Daten der Bahn:  
Spurweite: 1 Yard = 3 Fuss = 914 mm  
Streckenlänge: ca. 28 km  
Fahrleitungsspannung: 1200 V DC  
   

Triebwagen:

Baujahr: 1929
Hersteller Elektrischer Teil: Siemens - Schuckert
Hersteller Mechanischer Teil: Carde y Escoriaza
Achsfolge: Bo´ Bo´
Leistung: 360 kW
Gesamtlänge: 13.540 mm
Fahrzeugmasse: 33 t
 
 
Die Straßenbahn vom Bahnhof Sóller nach Port de Sóller
Spurweite 914 mm
   
Seit dem Jahre 1913 stellt diese rund 4,9 km lange Straßenbahnstrecke eine wichtige Verbindung zwischen dem Bahnhof der Ferrocarril de Sóller und dem Hafen der Stadt Sóller her. Die Spurweite beträgt ebenfalls 914 mm, jedoch beträgt die Fahrleitungsspannung im Gegensatz zum "Roten Blitz" nur 600 V.

Am Bahnhofsvorplatz von Sóller erwartet bereits ein Zug der Tramway die aus Richtung Palma kommenden Fahrgäste. Der Straßenbahnzug besteht meist aus einem der Zweirichtungstriebwagen 1 - 3 an den in den Sommermonaten offene Beiwagen angehängt werden, die sich sehr großer Beliebtheit erfreuen. Als Verstärkung des Fahrzeugparks dienen die in den 90er Jahren aus Lissabon angekaufte Straßenbahntriebwagen, die seit der Umspurung auf 914 mm eingesetzt werden.

Die Fahrt führt zunächst bergab durch die Straße Born, zum Hauptplatz der Stadt Sóller, dem Plaça de la Constitutió, auf dem sich auch die Stadtpfarrkirche Sant Bartolomé befindet.
 
Der Straßenbahntriebwagen Nr.1 auf der Fahrt durch Sóller
Vor allem in den Sommermonaten lädt der Platz mit seinen zahlreiche Cafés zum Verweilen ein. Weiter geht die Fahrt, vorbei an der belebten Markthalle und so wird langsam das Stadtzentrum verlassen, der Straßenbahnzug fährt nun entlang von Obstgärten, in den Mandeln, Oliven und Zitrusfrüchte gedeihen. Bald nachdem die Straße zum Hafen überquert wird, hält die Straßenbahn in einer Haltestelle und wartet den Gegenzug ab. Nach wenigen Minuten wird das Meer sichtbar und die Fahrt endet direkt an der Uferpromenade.
Der abfahrbereite Straßenbahnzug mit den offenen Beiwagen am Bahnhofsvoprplatz von Sóller
 

In den Sommermonaten verkehren die Züge der Straßenbahn, die von den Bewohnern Sóllers "El Tranvia" genannt wird, im Halbstundentakt, ansonsten im Stundentakt.

Jedem Eisenbahnfreund, der Mallorca besucht, sei es empfohlen, sich einen Tag Zeit zu nehmen, um die Strecke von Palma nach Sóller zu bereisen und anschließend eine Fahrt mit der Straßenbahn nach Port de Sóller zu unternehmen.

 
Ein zur Aufarbeitung abgestellter Straßenbahntriebwagen aus Lissabon, aufgenommen 1997 im Bahnhof von Sóller
 
Technische Daten der Straßenbahn:
Spurweite: 1 Yard = 3 Fuß = 914 mm
Streckenlänge: ca. 4,9 km
Fahrleitungsspannung: 600 V DC
 
 

Weiterführende Literatur:

Mallorca mit dem Zug entdecken Eisenbahnparadies Mallorca
Verlag: GeraMond Verlag: GeraMond
ISBN: 3-7654-7180-1 ISBN: 3-7654-7254-9

 

Offizielle Hompepage: http://www.trendesoller.com/
   
E-Mail: mailto:info@trendesoller.com
   
Kontakt: Ferrocarril de Sóller, S.A.
  Plaça d'Espanya, 6.
  07100 Sóller. Illes Balears

Wir möchten uns bei Herrn Miguel Galmés, dem Direktor der Ferrocarril de Sóller für seine freundliche Unterstützung bedanken.

Berichterstattung: Dipl.-Ing.(FH) Markus Müller und Franz Straka

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