Die Gaisbergbahn 1887-1928
Zahnradbahn 1000mm

Die Gaisbergbahn, einst in Salzburg gelegen, ist heute nur mehr wenigen Eisenbahnfreunden bekannt. Der geringe Bekanntheitsgrad beruht darauf, dass sie bereits 1928 eingestellt wurde, nach heutiger Sicht zum Leidwesen des Ausflugstourismus.
Im Jahre 1860 wurde die normalspurige Strecke Wien-Salzburg-München fertiggestellt, wodurch die Stadt Salzburg und die umliegenden Aussichtsberge einen starken Besucheranstieg erfuhren.
Als in der Schweiz die erste Zahnradbahn Europas (Rigibahn - 21.5.1871) eröffnet wurde, machte man sich in Salzburg Gedanken, den Gaisberg mit einer Zahnradbahn zu erschließen.


Station Parsch 

Berthold Curant und Carl Peusens planten eine Zahnradbahn auf den Schafberg und erhielten 1873 auch eine Vorkonzession, eine Bahn auf den Gaisberg zu bauen. Die Salzburger Bank, die kurz zuvor die Zistelalm erworben hatte, bekam ebenfalls eine Vorkonzession für eine Drahtseil- oder Zahnradbahn. Ing. Carl Maader, einer der Initiatoren der Kahlenbergbahn in Wien, plante ebenfalls eine Zahnradbahn auf den Gaisberg, jedoch nur bis zur Zistelalpe. 
Zum Leidwesen aller Planer wurden die Projekte durch Kapitalmangel verhindert. 

1881 stellte Josef Cathrein ein Ansuchen um eine Konzession, da er gemeinsam mit seinem Bruder 1877/78 das Gaisbergplateau und die Zistelalm erworben hatte.  Das von ihm errichtete Hotel am Gaisbergplateau wurde am 19.06.1881 feierlich eröffnet. Der k.k. Statthalter von Salzburg befürwortete dieses Vorhaben, da bereis 20.000 Touristen das Hotel in der ersten Saison besuchten und der Eisenbahnanschluß am Fuße des Gaisbergs gegeben war (es verkehrten noch zwei Eisenbahnlinien am Fuße des Gaisbergs: Die Giselabahn/kkStB und die Dampftramway der Salzburger Eisenbahn und Tramway Gesellschaft - SETG/Gründer Alexander Werner). Am 24.12.1881 war es soweit, dass Josef Cathrein die Bewilligung erhielt, technische Vorarbeiten zu leisten. Der geplanten Bahnlinie sollte zunächst heimisches Kapital zugeführt werden, doch das blieb aus. Cathrein trat über die Vermittlung Riggenbachs an die Firma Soenderop & Co in Berlin heran. Am 1.6.1885 suchte das Konsortium Cathrein/Soenderop um eine Konzession an. Ing. Alexander Werner bemühte sich ebenfalls um eine Konzession, noch bevor am 19.8.1885 die Trassenrevision stattfand, schloss er sich mit den anderen Konzessionswerbern zusammen.
Das k.k. Handelsministerium erteilte der Vereinigung Soenderop/Cathrein/Werner am 24.03.1886 die Konzession für die Gaisbergbahn. Die k.k. Landesregierung wurde angewiesen, die politische Begehung über das Projekt durchzuführen, welche Mitte April 1886 ohne Beanstandung verlief. Die Firma Soenderop wurde von den anderen Teilhabern beauftragt, einen Bauleiter zu ernennen. Mit Ing. Heinrich Schroeder fiel die Wahl auf einen erfahrenen Mann, der sich schon beim Bau der Niederwaldbahn einen Namen machen konnte. Am 03.07.1886 war der Spatenstich und sogleich begannen die Erdarbeiten, wobei im Oktober 1886 der Unterbau bereits großteils fertig gestellt war. Noch im gleichen Jahr wurden die Arbeiten am Oberbau mit zusätzlicher Unterstützung durch das Eisenbahnregiment des k.k. Militärs begonnen. Am 18.12.1886 wurde die Lokomotive 1 einer technisch-polizeilichen Prüfung unterzogen - sie wurde in weiterer Folge für Schotter- und Materialtransporte eingesetzt. Am 02.02.1887 fuhr Erzherzog Ferdinand IV. in Begleitung des Bauleiters bereits bis zum großen Felseinschnitt.
Dies war nur möglich, da im Winter 1886 bei Eis und Schnee täglich rund 100 m Gleis verlegt wurden. Das Ausbruchmaterial des 500 m langen Felseinschnitts betrug rund 15.000 m3 Gestein. Bei der Station Judenbergalpe waren erhebliche Hangsicherungsarbeiten notwendig, glücklicherweise hatte Schroeder viel Erfahrung bei solchen Arbeiten. Die Böschungen und Gräben entlang der Strecke wurden großteils befestigt, weiters war es notwendig, einige Durchlässe anzulegen.

Station Judenbergalpe
Am 21.05.1887 erfolgte die technisch-polizeiliche Prüfung der Bahnanlage, dabei gab es keine Beanstandungen seitens der Generalinspektion der k.k. österreichischen Eisenbahnen. Am 25.05.1887 fand vormittags die Gründungsversammlung der „Gaisbergbahn-Gesellschaft“ statt, am Nachmittag wurde die Bahn feierlich eröffnet. Die Lokomotiven 2 und 3 brachten 100 Gäste, unter ihnen Statthalter Graf Thun, Landeshauptmann Graf Chorinsky und Bürgermeister Schiebl auf den Gaisberg. Der erste Zug für die Bevölkerung verkehrte erst am 29.05.1887 um 08:40 ab der Station Parsch.
Das Gesellschaftskapital betrug 780.000 Gulden, der Sitz der Gesellschaft war Salzburg und als Direktor wurde der Bauleiter Ing. Schroeder bestellt.
An Betriebsanlagen waren ein vierständiger Lokomotivschuppen mit Reparaturstand vorhanden, sowie eine Waggonhalle ohne Zahnstangengleis.
Auch ein Wasserbehälter mit einem Fassungsvermögen von 6m3 befand sich im Lokomotivschuppen. Eine von der Maschinenfabrik Esslingen gebaute Schiebebühne befand sich im Vorfeld, diese von Hand angetriebene Einrichtung verband die beiden Schuppen mit den zwei Gleisen vor dem Stationsgebäude.
Eine Fahrt auf den Gaisberg kostete 3 Gulden, der Schaffnerdienst wurde zunächst von Soldaten durchgeführt. 
Durch den starken Andrang an Touristen wurde im Aufsichtsrat beschlossen, noch je zwei Lokomotiven und Waggons anzuschaffen, sowie den Lokomotivschuppen zu verlängern. 
Eine Lokomotive (No. 4) wurde noch von der Maschinenfabrik Esslingen geliefert, die auch schon die No. 1 - 3 und die Waggons herstellte. Lok No. 5 wurde von der Floridsdorfer Lokomotivfabrik produziert.  

Station Zistelalpe
Am 19.02.1889 erwarb die Gaisbergbahn den gesamten Besitz des Josef Cathrein, der 190 Joch Grund sowie das Hotel auf der Gaisbergspitze und das Gasthaus auf der Zistelalm beinhaltete. Bei der Station Zistelalpe wurde eine Ausweiche errichtet und zu Saisonbeginn 1889 in Betrieb genommen. Im selben Jahr wurde auch das Mitterjudenberggut von Josef Cathrein gekauft, nach dem Enteignungverfahren eines weiteren Grundeigentümers war es nun möglich geworden, die Wasserstation Judenbergalpe in Betrieb zu nehmen.
Am 01.07.1893 ging ebenfalls die Wasserstation auf der Zistelalpe mit einem 50m3 Wasserbehälter in Betrieb. 1893 wurde weiters die Stichstrecke Äußerer Stein - Parsch der Salzburger Eisenbahn- und Tramway- Gesellschaft eröffnet. Neben der Dampftramway fuhren 1893 und 1895 -1902 auch Pferdeeisenbahnwagen zu den Zügen der Gaisbergbahn. Am 20.06.1893 wurde die SKGLB und am 01.08.1893 die Schafbergbahn eröffnet, was natürlich eine Konkurrenz für die Gaisbergbahn als Ausflugziel darstellte. Trotz Verkaufs des Gutes Mitterjudenberg um 9000 Kronen und der Zistelalm um 4000 Kronen ( 9000 Kronen = 501777.- Schilling = 36 465.56.- Euro; 4000 Kronen = 223012.- Schilling = 16206.91.- Euro ) kam die Bahn 1905 in finanzielle Schwierigkeiten. Am 17.06.1912 wurde bei einer Generalversammlung eine Kapitalreduktion von 2.104.800 auf 665.000 Kronen beschlossen. Im Mai 1912 schied Direktor Schroeder (er war noch bis 1928 Direktor der Achenseebahn) aus, ihm folgte Josef Wolf.

Station Gaisberspitze
Die SETG hatte einen bedeutenden Posten an Aktien erworben, zeigte aber kein Interesse an einer Fusionierung. 1916/1917 waren für die Bahn zunächst gute Jahre doch 1918 ruhte der Bahnbetrieb aufgrund Kohlenmangels bis 1920, es wurden lediglich einige Arbeits- und Güterzüge geführt. Erst 1921 wurde der Betrieb wieder aufgenommen und 1924/25 war die Auslastung wieder recht gut. 1927 wurde das 40jährige Bestehen gefeiert, man wollte auch Pläne prüfen, die Strecke zu elektrifizieren.

Ende 1927 kamen Pläne auf den Tisch, eine Höhenstrasse auf den Berg zu bauen, eine Straßenbaufirma zeigte bereits Interesse. 1928 begannen die Bauarbeiten nachdem das Straßenprojekt durch den Landtag bewilligt wurde. Durch dieses Projekt nahm die Gaisbergbahn schon im März 1928 den Betrieb auf, da sie den Materialtransport für den Bau der Strasse durchführen musste. Die Befürworter für den Autoverkehr waren mächtiger als jene, die für den Fortbestand der Bahn stimmten. Durch die Fertigstellung der Strasse war das Ende der Bahn absehbar, am 30.10.1928 wurde der fahrplanmäßige Personenverkehr eingestellt, was in den Tageszeitungen nicht einmal erwähnt wurde. Am 20.11 1928 beschloss der Verwaltungsrat den Betrieb nicht weiter aufrecht zu erhalten, da der Straßenbau schon so weit fortgeschritten war, dass der Landeshauptmann Dr. Rehrl am 24.11.1928 bis auf das Plateau des Gaisberges fahren konnte.

Da man den Verkehr auf der Gaisbergbahn 1929 nicht aufnahm, erlosch am 06.07.1929 laut Erlass des Bundesministerium für Handel und Verkehr die Konzession. Als 1930 der Oberbau abgetragen wurde, war es klar, dass dies endgültig das Aus bekundete. Für diese Arbeiten wurde die Lokomotive No. 4 und die Güterwagen wieder in Betrieb genommen.
Die Waggons, Lokomotiven und das Schienenmaterial wurden verkauft bzw. verschrottet.

1933 wurde die Gaisbergbahn AG in Gaisbergaktiengesellschaft umbenannt und diese AG wurde wiederum erst am 21.12.1959 aufgelöst. In den 40 Betriebsjahren der Bahn gab es keinen Unfall, was darauf hinweist, dass alle Bediensteten sorgfältig ihre Arbeit erfüllten. Die  Gebäude stehen heute noch bzw. wurden adaptiert und anderweitig genützt. Die Strecke ist jetzt teilweise ein Wanderweg.


Der Lokschuppen in Parsch: gut sind noch drei Einfahrtstore erkennbar; das Gebäude wurde später aufgestockt. (Foto: M. Müller, 2009)


Das ehemalige Bedienstetenwohnhaus in Parsch wird heute privat genutzt. (Foto: M. Müller, 2009)


Durchlass am Wanderweg zwischen Parsch und Judenbergalpe. (Foto: M. Müller, 2009)


Stationsgebäude Judenbergalpe . (Foto: M. Müller, 2009)


Stationsgebäude Zistelalpe. (Foto: M. Müller, 2009)


Wanderweg auf der Bahntrasse Höhe Zistelalpe. (Foto: M. Müller, 2009)


Der große Einschnitt kurz vor dem Streckenende ist zwar schon ein wenig verwachsen, aber noch erkennbar. (Foto: M. Müller, 2009)


Areal der Bergstation Gaisbergspitze. (Foto: M. Müller, 2009)

Ich bedanke mich beim Salzburger Landesarchiv für die gute Zusammenarbeit und die Bereitstellung der Bilder für diesen Bericht. Die Recherchen wurden aus dem unten genannten Buch erarbeitet

Buch-Tipp:
Gaisbergbahn
Autor: Dipl.-Ing. Heinrich Harrer
Verlag: Josef Otto Slezak / Wien
ISBN 3-85416-096-8

zur Zeit vergriffen (evt. antiquarisch erhältlich)

                                                          

Franz Straka
November 2004

Ergänzung:
DI (FH) Markus Müller
August 2009